Bayreuth, den 08.07.2018 Apostelgeschichte 8,26-39

Liebe Gemeinde!  

In diesen Wochen beginnt wieder die Zeit, die für viele die schönste im Jahr ist, auf die sie seit Wochen und Monaten hinfiebern: die Urlaubszeit. Welcher Urlaubstyp sind Sie eigentlich? Lieben Sie den Urlaub in "Balkonien", also zu hause auf der Veranda oder auf dem Gartengrundstück? Sind Sie mehr der "Faulenzertyp", der am liebsten am Strand liegt und sich von der Sonne bescheinen lässt? Oder mehr der "Bewegungstyp", der im Urlaub gerne Fahrrad fährt oder wandert? Sind Sie mehr der "Bildungstyp", der sich gerne fremde Städte anschaut oder der "Naturtyp", der lieber Naturschönheiten bewundert? Oder alles ein bisschen?

Ich habe eben auch von einem Urlauber vorgelesen. Ich spreche von dem "Kämmerer aus Äthiopien", wie er in der Lutherbibel bezeichnet wird. Es handelt sich um den Finanzminister der Königin von Nubien, südlich von Ägypten. Welcher Urlaubertyp war er eigentlich? Irgendwie passt er in kein Raster. Am ehesten könnte man sagen: Dieser Finanzminister hatte einen Bildungsurlaub gemacht. Aber das stimmt auch nicht. Sein Reiseziel war Jerusalem. Doch er fuhr nicht deshalb hin, um den prächtigen Tempel zu bewundern. Der war zwar sicher auch eine Reise wert. Es muss sich um eines der schönsten Gebäude des Altertums gehandelt haben. Aber die Absicht des Finanzministers war eine ganz andere. Er wollte in Jerusalem Gott anbeten. Eine Art Pilgerreise also.

Das gibt es ja auch: Reisen, um sich selbst oder Gott zu finden. Viele Menschen reisten in den letzten Jahrzehnten nach Indien oder Nepal, um dort bei einem Guru zu meditieren. Hape Kerkeling hat durch sein Buch "Ich bin dann mal weg" einen Boom ausgelöst. Tausende sind seitdem wie er den Jakobsweg nach Santiago de Compostela gewandert. Um sich selbst zu finden und Gott näher zu kommen. Ob diese Pilger das gefunden haben, was sie gesucht haben?

Die Pilgerreise des Finanzministers scheint nicht vom Erfolg gekrönt zu sein. Er war zwar in Jerusalem, war wohl auch im Tempel. Aber seine Reise endete sicher im Vorhof. Mehr durfte er sich als Heide dem Tempel nicht nähern. Ob er sich das so vorgestellt hat?

Nun kaufte er sich für die Rückreise eine besondere Reiselektüre, eine Schriftrolle des Propheten Jesaja. Das war für ihn sicher mehr als ein Souvenir. Dieses Schriftstück handelte ja von dem Gott, dem er näher kommen wollte. Und mit dem Kauf dieser Rolle war er ja durchaus auf der richtigen Spur. In der Bibel begegnet einem Gott, da kann ich erfahren, wer er ist.

Aber damit das geschieht, muss man sie natürlich in die Hand nehmen und darin lesen. Geschieht dies auch? Ich fürchte, viel zu wenig. Bei vielen Menschen liegt die Bibel unbenutzt in irgendeinem Regal oder einer Schublade. Im Zusammenhang mit Wohnungsauflösungen sind mir schon des öfteren Bibeln angeboten worden, manchmal uralte, manchmal noch in Plastik verpackte. Naja, der Pfarrer wird schon irgendwie Verwendung dafür haben. Auf die Idee, dass man eine Bibel vielleicht selber lesen könnte, kommt man anscheinend nicht. Manche denken oder sagen es unverblümt: So schlecht geht es mir nicht, dass ich in der Bibel lesen müsste. Ist Bibellesen nur etwas für Menschen, denen es schlecht geht?

Nach einer Untersuchung sollen 5 Prozent der Evangelischen einigermaßen regelmäßig die Bibel lesen und ein Drittel der sogenannten "Kerngemeinde", also der Menschen, die regelmäßig die Gemeindeveranstaltungen besuchen. Ich frage mich, welche Zahl erschütternder ist. Es ist schon traurig genug, dass nur jeder 20. Evangelische die Bibel liest. Denn die evangelische Kirche versteht sich ja als Bibelbewegung. Noch trauriger finde ich es, dass nur jeder 3. der Gottesdienstbesucher die Bibel regelmäßig in die Hand nimmt, um darin zu lesen. Persönliche Frage: Wie sieht es mit dir aus? Liest du die Bibel? Liest du Gottes Wort?

Der Finanzminister tat es. Er nahm diese Jesajarolle in die Hand und las sie, laut, wie es in der damaligen Zeit üblich war. Wenn er sie von vorne gelesen hatte, dann war er schon recht weit gekommen und beim 53. Kapitel angekommen. Vielleicht kämpfte er sich durch die Schriftrolle und verstand nicht viel. Zumindest waren die Worte, die er in Jesaja 53 las, für ihn ein Rätsel. Von wem redet hier der Prophet? Er ist ernsthaft daran interessiert, die Bibel zu verstehen.

Sind Sie das auch? Dann habe ich ein paar gute Ratschläge für Sie: Kaufen Sie sich zum Beispiel eine Bibel mit Erklärungen. Besuchen Sie einen Bibelkreis oder Glaubenskurs. Reden Sie mit erfahrenen und glaubenden Bibellesern. Um die Bibel zu verstehen, ist eben auch Wissen hilfreich, das man selber nicht hat, aber sich erwerben kann, Wissen über die Zusammenhänge der einzelnen Bücher der Heiligen Schrift oder zwischen Alten und Neuem Testament, auch Wissen über das Wesentliche der Bibel.

Die Bibel ist ja kein Buch wie jedes andere auch. Sondern sie ist ein Liebesbrief Gottes an uns Menschen. Nahezu auf jeder Seite schlägt uns seine Liebe entgegen. Es ist ein Gott, der sich eine ungeheure Mühe gemacht hat, damit wir ihn kennenlernen. Wir sind ihm nicht gleichgültig sondern er möchte uns mit seiner Liebe begegnen. Dazu ist die Bibel da.

Wer Gott in der Bibel suchen möchte, der wird ihn finden. Auch auf diesem Gebiet gilt das Wort Jesu: "Suchet, so werdet ihr finden." Der Finanzminister aus Äthiopien war so ein Mensch. Er suchte Gott und gab sich nicht mit der oberflächlichen Antwort zufrieden: Alle Religionen meinen im Grunde genommen das Gleiche. Gott habe viele Namen.

Der Dichter Lessing hat diese Meinung in seiner Ringparabel vertreten: Drei Ringe, aber welcher der echte ist, weiß keiner. Drei Ansichten über die Wahrheit, aber welches die Wahrheit ist, weiß keiner. Es klingt vernünftig und demütig, wenn jemand sagt: "Wie will man schon die Wahrheit über Gott erfahren? Wir sind doch alle nur Menschen." Aber die Sehnsucht nach Wahrheit wird dadurch nicht gestillt. Dies geschieht nur, wenn ich mich wie der Finanzminister aus Äthiopien auf die Suche nach Gott mache.

Und er findet ihn auch. Bei seiner Bibellese stößt der Mann aus Nubien auf eine Stelle, die ihn nicht loslässt. Es war ein Wort aus dem Prophetenbuch Jesaja: "Er ist wie ein Schaf zur Schlachtung geführt, und wie ein Lamm still ist vor seinem Scherer, so hat er nicht aufgetan seinen Mund." Doch er versteht diese Aussagen nicht. Er braucht jemanden, der ihm weiterhilft. Und den schickt ihm Gott. Es ist der Apostel Philippus, der auf wundersame Weise zu dem Finanzminister geführt wird. Es ist eine Begegnung, die Gott gefügt hat.

Hier bei dem äthiopischen Finanzminister wird exemplarisch deutlich, wie ein Mensch zum Glauben an Jesus kommt. Wichtig ist natürlich die Begegnung mit der biblischen Botschaft. Aber ebenso wichtig ist es, dass mir ein Mensch begegnet, durch den mir Jesus nahekommt und der ihn mir nahebringt. In dem Fall war es der Apostel Philippus. Die beiden kamen schnell ins Gespräch. Und Philippus predigt dem Finanzminister das "Evangelium von Jesus Christus", wie es im Predigttext heißt. Was hat Philippus da nur erzählt? Es war sicher nicht sehr ausführlich. Zeit für einen einjährigen Konfirmandenunterricht war ja nicht. Er muss ihm die grundlegende Dinge, auf die es im Christentum ankommt, erklärt haben.

Ein Mann namens Baedecker hat dies so getan. Dieser bekam vom russischen Zaren die Erlaubnis, Sträflingen in Sibirien das Evangelium zu verkündigen. Er kam in die Bleiwerke Sibiriens zu Menschen, die mit dem Leben abgeschlossen hatten und erzählte ihnen von Jesus. Als er wieder abreisen musste, wollte er ihnen ein Neues Testament schenken. Aber viele konnten nicht lesen! Da erdachte er sich eine Bibel ohne Worte, ein Büchlein, vier Seiten stark, ohne ein einziges gedrucktes Wort. Die erste Seite war schwarz, die zweite Seite rot, die dritte weiß und die vierte golden. Dieses Buch gab er den Sträflingen und erklärte es ihnen.

Schwarz ist durch die Sünde das Herz in uns. Im Leben eines Menschen sieht es von Natur aus dunkel aus. Das Misstrauen gegen Gott, das Streben, das Leben ohne ihn führen zu wollen, Hass, Neid, Gier, Aberglaube, das alles verfinstert den Menschen und macht ihn letzten Endes immer unglücklich.

Dann schlug er die zweite Seite auf, die rot war. Am Kreuz ist Jesus für uns gestorben. Er hat die Strafe der Sünde auf sich genommen. Es musste rotes Blut fließen, damit der Weg zu Gott wieder frei wird.

Die dritte Seite war weiß. Wer die Botschaft glaubt, dass Jesus die Schuld der ganzen Menschheit, auch seine Schuld, auf sich genommen hat, bekommt Vergebung. Das ist das große Wunder: Das Leben kann noch einmal beginnen. Durch Vergebung wird das Leben eines Menschen wie ein unbeschriebenes Blatt Papier weiß.

Die vierte und letzte Seite war golden. Das Leben in dieser Welt ist immer noch von Leid und Sünde geprägt. Aber nach dem Tod wartet auf einen Christen das ewige Leben. Er geht einer goldenen Zukunft entgegen. Das ist die Botschaft der Bibel, die ich in keinem anderen Buch finde. Sie hat unzählige Menschen glücklich gemacht wie nichts anderes auf dieser Welt, - auch den Minister aus Äthiopien.

Durch die Worte des Philippus begegnet dem dunkelhäutigen Nubier der auferstandene Christus selber. Anders ist das, was nun folgt, die plötzliche Taufe, nicht erklärbar. Der Finanzminister muss die große Liebe gemerkt haben, die Jesus hatte, als dieser auch für ihn, den Heiden, am Kreuz starb. Diese Liebe packte ihn, überwältigte ihn und ließ ihn nicht mehr los. In nur wenigen Stunden oder vielleicht nur Minuten wird aus dem Heiden ein Christ.

Geht das so schnell? Warum nicht. Das Christentum ist ja kein schwieriges Gedankensystem, das ich erst nach vielen Stunden Unterricht oder nach einem langen Theologiestudium begreifen kann. Es geht in erster Linie nicht um ein Kopfwissen. Sondern im Mittelpunkt steht eine Person, Jesus Christus.

Ein Christ bin ich nicht dann, wenn ich möglichst viele Gesangbuchverse oder Katechismustexte auswendig kann, sondern wenn ich gemerkt habe, dass Jesus Christus mich persönlich liebt und ich ihn auch liebe. Ich bin es, wenn er der Herr meines Lebens geworden ist, wenn ich mich ihm mit all meiner Schuld anvertraue und ich dann weiß: Meine Sünde liegt nun nicht mehr auf mir sondern auf ihm. Es ist einfach, ein Christ zu werden. Ich brauche nur zu erkennen: Ich brauche Jesus Christus, weil ich ohne ihn mit meiner Schuld nicht vor Gott bestehen kann.

Bei dem äthiopischen Finanzminister muss es so gewesen sein. Er hat das begriffen, worum es im Evangelium geht, innerhalb kürzester Zeit. Und nun will er Nägel mit Köpfen machen. Er will sofort Christ werden. Deshalb sagt er nicht zu Philippus: "Das ist ja alles schön und gut, was du gesagt hast. Aber ich muss mir die Sache noch gründlich überlegen. Ich kann doch nicht von heute auf morgen mein ganzes Leben umkrempeln."

Nein, ihm war klar: Was er von Philippus gehört hatte, war die Wahrheit. Wieso zögern? Wieso das nicht nehmen, wonach ich insgeheim gesucht habe, wenn es mir angeboten wirdß

Und so ergreift er die Gelegenheit beim Schopfe. Als sie an ein Wasser kamen, ließ er sich von Philippus taufen. Seine Schuld wurde ihm abgewaschen, sein Leben stand von nun an unter der Leitung Christi. Eine große Freude kam in sein Herz hinein. Er zog seine Straße fröhlich, heißt es in der Apostelgeschichte. Denn er hatte nun das gefunden, was er gesucht hatte, die Verbindung mit dem lebendigen Gott. Das Großartigste und Wunderbarste in einem menschlichen Leben ist, wenn man von der Liebe Gottes erfasst und überwältigt wird. Ich bleibe mein Leben lang im tiefsten Grunde unzufrieden, wenn ich diese Liebe nicht in mein Leben hineinlasse, wenn ich Christus nicht vertraue und die Entscheidung für ihn immer wieder hinauszögere.

Und nun frage ich jeden hier ganz persönlich: Wissen Sie, dass Sie die Vergebung Ihrer Sünden brauchen? Dann hindert Sie nichts daran, sie für sich persönlich auch zu glauben.

Glauben Sie mir: Gott hat an Ihnen als einzelnen größtes Interesse. Auch Sie sind ein Original Gottes, keine Kopie. Und seine Liebe gilt Ihnen ganz persönlich. Auch von der Liebe Jesu am Kreuz sind Sie nicht ausgeschlossen, wer Sie auch sind. Sie gilt Ihnen ganz persönlich. Jesus ist für Ihre Schuld am Kreuz gestorben. Sie ist Ihnen vergeben. Sie brauchen es nur zu glauben, persönlich für sich zu nehmen. Und dann werden Sie auch etwas von seiner Liebe in Ihrem Leben erfahren: von seiner Vergebung, seinem Trost, von manchen innerlichen Befreiungen, von Hilfen und Bewahrungen. Sie können ganz fröhlich wie der Finanzminister aus Äthiopien Ihren Lebensweg weitergehen. Denn er, Jesus, wird Sie nicht verlassen und wird bei Ihnen als ein guter Freund bleiben.

Amen