Bayreuth, den 6.10.19 Lukas 12,15-21

Liebe Gemeinde! 

Jesus erzählt hier von einem reichen Mann, der im Überfluss lebt. Auch wenn wir keinen reichen Großgrundbesitzer unter uns sitzen haben, auch wenn wir keine Rekordernte eingefahren haben und planen, größere Silos für unser Getreide zu bauen, so sind wir doch reicher als die allermeisten Menschen auf der Erde. Bei uns gibt es kostenlose Schulen, viele gut bezahlte Arbeitsplätze, Ruheständler bekommen Renten oder Pensionen. Es gibt erstaunliche Sozialleistungen. Wir Deutschen besitzen die unglaubliche Summe an Geldvermögen in Höhe von 6.170 Milliarden Euro, sicher ungleich verteilt zwischen reich und arm. Aber was heißt schon arm? Für die armen Menschen in vielen Ländern sind unsere Armen sicherlich reich. Was Lebensmittel anbelangt, leben wir im Überfluss, dank globalem Lebensmittelimport und funktionierender Landwirtschaft. Am Erntedankfest können wir daran denken und dafür danken, dass wir in einem Land mit Feldern, Wiesen, Obstplantagen und Weinbergen leben. Wir haben wunderbare Landschaften. Unsere Städte sind keine Steinwüsten . Die Wohngebiete sind durchsetzt mit Bäumen, gepflegten Parks und Gärten wie bei uns in Bayreuth.

An Leute wie uns, die in der Fülle leben, stellt Jesus eine dreifache Frage.

Die erste Frage lautet: Weißt du, woher diese Fülle kommt?

Der reiche Großgrundbesitzer wusste es nicht. Er war zwar nicht dumm. Er macht sich viele menschlich gesehen kluge Gedanken. Er plant, seine alten, zu kleinen Scheunen abzureißen und neue riesige Silos zu bauen. Zufrieden denkt er: Seine Zukunft ist sicher. Es wird ihm nie mehr an etwas mangeln. Nun kann er ohne Sorgen sein Leben genießen.

Gott kommt in seinen Gedanken nicht vor. An ihn denkt er nicht. "Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein!" prahlte man in der ehemaligen DDR. Der Großgrundbesitzer macht es genauso. Kein Dankgebet, kein Erntedankfest, nicht einmal ein Staunen über die Natur. Sogar der Atheist Richard Dawkins staunte über das Wunder der Photosynthese, also dass aus Licht und anorganischen Stoffen energiereiche, organische Stoffe entstehen: "An der Photosynthese", so sagt er, "sind siebzig verschiedene chemische Reaktionen beteiligt. Die Photosynthese ist wirklich etwas Wunderbares." Dieses Wunder kann bis heute nicht im Labor nachvollzogen werden. Trotzdem meint Dawkins, sei es durch Zufall entstanden. Vernünftiger klingt für mich, was die Bibel sagt. Hinter unserem komplizierten Ökosystem steckt Intelligenz, Planung, Liebe. Da steckt der Schöpfer selbst dahinter. "Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, nach deinem Wohlgefallen" lesen wir im Psalm 145 Vers 16. Wer das erkennt, der kann diesen großartigen Schöpfer und Geber aller Gaben nur anbeten. Er wird nicht essen, ohne ein Tischgebet zu sprechen. Und er kann von Herzen das Erntedankfest feiern und an diesem Tag Gott danken, dass sein ganzes Leben, auch alles, was er zu essen und zu trinken hat, die Gabe einer unglaublich gütigen Hand ist.

Die zweite Frage lautet: Weißt du, wozu du diese Fülle hast? Der reiche Kornbauer weiß es nicht. Er hatte ja eigentlich schon alles, was er brauchte. Aber nun hat er noch mehr. Er wird noch reicher. So funktioniert diese Welt bis auf den heutigen Tag. Was soll er nur mit seinem Überfluss anfangen? Bedürftige Menschen kommen in seinen Überlegungen nicht vor. Er denkt nur an sich, an seinen Betrieb, an seine Altersvorsorge, an sein Wohlbefinden.

Jesus erzählt in einem anderen Gleichnis von einem reichen Mann, der auch im Überfluss lebte. Direkt vor seiner Haustür vegetierte der arme Lazarus dahin. Ihn speist er mit den Abfällen seiner üppigen Mahlzeiten ab. Jesus lehrt uns in diesem Gleichnis, dass Gott sehr genau registriert, wie wir mit unserem Reichtum umgehen.

Ein Zeitungsartikel berichtet von neuen Wolkenkratzern am Rande des Central Parks in Manhattan, New York. Ein Appartement im 58. Stock eines dieser Hochhäuser "One57" kostet 27 Millionen Dollar. Die meisten Luxuswohnungen waren schon bis zum Ende der Bauzeit an Milliardäre verkauft. Sie halten sich selten oder nie dort auf. Da oben wohnt nur ihr Geld. So sehen moderne Vorratsscheunen aus. Wie sehen unsere aus? Und ist uns bewusst, dass wir nicht davon leben, dass wir viele Güter haben?

Gott gibt, damit wir es dankbar genießen aber auch denen von unserem Reichtum abgeben, die es brauchen. Jesus sagte sogar: "Geben ist seliger als nehmen." Hat er nicht recht? Wer immer nur rafft und giert, ist bestimmt nicht glücklich. Denn er denkt immer nur daran, wie er das, was er hat, erhält und immer noch mehr bekommt. Wer abgeben kann, der ist frei vom Geiz, frei von der Angst, dass es ihm nicht reicht.

Weil Gott uns reichlich gegeben hat, dürfen wir nun dankbar abgeben, ohne Angst selber zu kurz zu kommen. Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb, sagt der Apostel Paulus. Wer weiß, dass sein Leben von Gott reich beschenkt ist, der kann nun fröhlich und dankbar geben, wenn wir für die Aufgaben der Mission zu Spenden aufrufen, oder für die verfolgten Christen oder für Kinder in Osteuropa, die bei der Aktion "Weihnachten im Schuhkarton bedacht werden. Er kann auch seine Zeit teilen, die Gott ihm gegeben hat, um anderen zu helfen, ihnen beizustehen oder zu trösten. Kranke oder alte Menschen besuchen, sich um kleine Kinder kümmern, das ist eine Art und Weise, wie wir von unserer kostbaren Lebenszeit abgeben können. Ich möchte auch das wichtigste Lebensmittel erwähnen, das Wort Gottes und was wir mit ihm erlebt haben. Wir wollen es nicht für uns behalten sondern mit anderen teilen. Eine wunderbare Gelegenheit haben wir am nächsten Sonntag. Da können wir unsere geistlichen Schätze mit anderen teilen, die wir vorher zum Gottesdienst eingeladen und mitgenommen haben. Dieses Einladen zu dem "Back to Church" Sonntag ist auch eine Form des Teilens.

Und die dritte Frage, die Jesus uns durch dieses Gleichnis vom reichen Kornbauern stellt, lautet: "Weißt du, wie lange du diese Fülle hast?"

Nein, so müssen wir antworten. Wir wissen es nicht. Es kann sehr schnell gehen. Der reiche Kornbauer starb über Nacht. "Plötzlich und unerwartet" hätte in seiner Todesanzeige stehen können.

Dann wird uns alles genommen, von dem wir dachten, wir besäßen es. Aber es war uns nur geliehen. Und der vermeintliche Reichtum entpuppt sich als Armut.

Vielleicht kennen wir das Stück von Hugo von Hofmannsthal "Jedermann". Jedes Jahr wird es in Salzburg gespielt. Der Tod ruft nach dem reichen Herrn Jedermann. Dieser versucht entsetzt seine Geldtruhe mit auf die Reise zu nehmen. Doch Mammon, als Person dargestellt, verweigert die Mitreise. Mammon macht Jedermann seinen schrecklichen Irrtum klar. Jedermann dachte, das Geld gehörte ihm. Dabei gehörte seine Seele dem Geld. Jedermann meinte, das Geld diente ihm und seinen Interessen. Dabei war er ein Hampelmann des Geldes. Jedermann besaß nicht seinen Reichtum. Der Reichtum besaß ihn.

Wie gesagt: Von einem Moment auf den anderen werden wir aus dem Leben gerufen. Und dann? Ist dann alles aus? Von wegen. Gott verlangt von unserem Leben Rechenschaft. Er fragt danach, wie wir gelebt und mit unseren Gütern umgegangen sind. Und wer sich auf diesen Moment nicht vorbereitet hat, der ist ein Narr, so wie der reiche Kornbauer.

Von so einem Menschen erzählt eine alte Geschichte. Ein König hatte einen Hofnarren. Der unterhielt seinen Herrn so gut mit seinen Späßen, dass er zu ihm sagte: "Du bist der beste Hofnarr, den ich kenne. Als Anerkennung schenke ich dir diesen silbernen Narrenstab. Er gehört solange dir, bis du einen größeren Narren findest als dich."

Eines Tages erfährt der Hofnarr, dass der König im Sterben liegt. Er besucht ihn. Der König liegt todkrank im Bett. Der Narr sagt zu ihm: "König, ich habe gehört, ihr wollt eine Reise machen?" "Ich will nicht, ich muss", ächzte der König. "Habt ihr euch auf diese Reise vorbereitet?" "Nein." "Ja, habt ihr denn nicht gewusst, dass ihr diese Reise machen müsst?" "Doch." "Und ihr habt euch trotzdem nicht vorbereitet?" Daraufhin legt der Narr seinen Narrenstab auf das Bett und sagt zum König: "König, ihr habt mir diesen Narrenstab einmal gegeben, und ich sollte ihn dem weitergeben, der ein größerer Narr ist als ich. Ihr König, seid dieser Narr. Ihr habt gewusst, dass ihr einmal sterben werdet und habt euch nicht darauf vorbereitet." Und verließ mit diesen Worten das Zimmer.

Haben wir uns vorbereitet? Haben wir uns auf diesen Schritt in die Ewigkeit vorbereitet? Und wie geht das überhaupt? Es kann sicher niemand einmal vor seinem Schöpfer selbstbewusst hintreten und behaupten, er hätte so gelebt, wie Gott es haben wollte, er hätte immer abgegeben und geteilt. Dazu steckt zuviel vom reichen Kornbauern auch in uns. Es ist zuviel Egoismus, Habgier, Undankbarkeit in uns. Dazu sind wir zu sehr in den Dingen dieser Welt aufgegangen und haben Gott vergessen.

Aber wir können etwas anderes tun. Wir können uns an Jesus Christus wenden und ihn um Vergebung bitten. Er hört diese Bitte gern und kommt in das Leben eines solchen Menschen hinein. Dann ist er, wie Jesus hier in der Geschichte vom reichen Kornbauern sagt, "reich in Gott."

Jesus kann einen Menschen unendlich reich machen. Er kann mich nicht nur mit seiner Vergebung beschenken, sondern auch mit seinem Trost, der durch sein Wort in mein Leben hineinkommt, mit seiner Liebe, die mich verändert und zu einem Menschen macht, von dem selber Liebe ausgeht, mit seiner Geborgenheit, die mich frei macht von Angst und Sorge, mit der Hoffnung auf ein ewiges Leben.

Das ewige Leben, das ist die größte Gabe Gottes. Ewiges Leben heißt ja, dass Gott meine Lebensgeschichte zu einem guten Ende führen wird und eine wunderbare Zukunft auf mich wartet, eine Zukunft, die nie Vergangenheit wird, die immer Gegenwart bleibt. Unvorstellbar aber wahr, weil Gott in seinem Wort ewiges Leben dem zusagt, der an seinen Sohn Jesus Christus glaubt.

Wer weiß, dass er einmal im Reich Gottes sein darf, der kann jetzt schon von diesem Geschenk leben. Er hat Vergebung geschenkt bekommen, durch das Wort Gottes. Ist er damit nicht unendlich reicher als einer, der das Gepäck seiner Vergangenheit mit sich herumschleppt, seine Schuld, vielleicht ohne es zu wissen? Was gibt es Wertvolleres als den Frieden mit Gott, das Wissen, dass Gott nichts gegen mich hat sondern auf meiner Seite steht?

Dieser Gott hat sich demgegenüber, der sich ihm anvertraut hat, verpflichtet, ihn durch sein Leben zu führen. So ein Leben ist von nun an eine Kette von Wundern, Bewahrungen und Führungen. Es sind sicherlich auch schwere Stunden dabei. Diese darf der Glaubende ebenfalls als Führung Gottes verstehen. Ist einer, der so eine Sichtweise hat, nicht unendlich reicher als einer, der sein Leben als eine Kette von Schicksalsschlägen und Zufälligkeiten versteht?

Wer sich so in der Liebe seines Schöpfers und Erlösers geborgen weiß, den kann auch immer wieder eine tiefe Freude über diesen Gott erfüllen, die ein anderer nicht kennt. Er wird immer wieder von dem Einfallsreichtum dieser Liebe überrascht sein. Sie kann einen erfreuen durch die Gaben der Schöpfung, und wenn es nur ein Sonnenstrahl ist, der in sein Zimmer fällt, oder durch ein liebes Wort eines Menschen, oder durch ein Wort Gottes, das ich lese oder das ich in einer Predigt höre. Diese Liebe ist unermesslich groß und kann mich mit immer noch Größerem beschenken. Sie kann auch kleine und unscheinbare Menschen zu großen Taten fähig machen. Sie kann mich mehr segnen, als ich zu hoffen wage. Wir haben einen großen Gott, der reich ist an Gnade und Erbarmen. Warum erwarten wir nur zu oft nur kleine Dinge, wo er doch Großes schenken will? Er hat uns doch Christus geschenkt und will uns mit ihm alles schenken, was wir brauchen. Greifen wir doch zu, auch jetzt bei diesem Abendmahl! Nehmen wir uns das, was wir brauchen an Vergebung, an Kraft, Trost, Hilfe, Liebe, Geduld, Freude oder Frieden! Er gibt uns gerne alles, was wir brauchen!

Wenn wir Gott so alles Gute für unser Leben zutrauen, dann brauchen wir auch keine Angst zu haben, weder vor der Gegenwart, noch vor einer ungewissen Zukunft, auch nicht vor dem Tod.

Ein Leben mit Jesus macht dich reicher als jeden Milliardär. Du hast dann zwar keine Aktien bei Google, Microsoft oder Amazon. Aber du hast Anteile an der Ewigkeit, dem wertvollsten und krisensichersten "Unternehmen".

Ich möchte mit einer Geschichte schließen: Es unterhielt sich einmal draußen auf dem Feld ein reicher Gutsbesitzer und ein armer Arbeiter. "Soweit Sie schauen können, gehört alles mir!" sagte der Reiche mit einer weiten, ausladenden Geste. "Und was gehört Ihnen, wenn ich fragen darf?" Der Arme deutete nach oben. "Mir gehört der Himmel!" sagte er nur. Der Reiche schwieg.

Nachts träumte der Gutsbesitzer, der reichste Mann des Dorfes sei gestorben. Erschrocken wachte er auf. Der reichste Mann? Das war doch er! Doch dann erfuhr er: Der arme Arbeiter war in der Nacht gestorben.

Wer darum weiß, dass die Ewigkeit auf ihn wartet, der ist reich, jetzt schon. Denn die Hoffnung der Ewigkeit ist nicht ein Träumen von einem besseren Jenseits. Sondern es ist die Gewissheit, dass mein Leben in den Händen Gottes liegt. Diese Hände lassen nicht los, auch dann nicht, wenn ich einmal sterben muss.

Amen