Bayreuth, den 03.05.2020 Johannes 15, 1-8

Liebe Gemeinde!

Zu Beginn eine persönliche Frage an euch, an Sie alle: Ohne was könnt ihr, können Sie nicht leben? 

Da kann man zunächst alle absolut lebensnotwendigen Dinge nennen wie Essen und Trinken oder die Luft. Aber da gibt es noch die Dinge, an denen mein Herz hängt. Eine junge Frau gab als Antwort auf die Frage „Ohne was kannst du nicht leben?“ die Antwort: 1. Ohne mein Handy, 2. Meinen Laptop, 3. Meine Schminksachen, 4. Meine Klamotten und 5. Meinen Friseur. Ein Mann nannte unter anderem sein Duschgel, seine Jogginghose und seinen Hoodie.

„Ohne was kannst du nicht leben?“ da nennen Viele natürlich ihre Familie, ihre Freunde oder eine besonders geliebte Person, zu der man sagt: „Ohne dich kann ich nicht leben!“

Mir persönlich würde es sehr schwer fallen, ohne Bücher zu leben. Bücher lesen mache ich am liebsten, neben Spazierengehen mit meiner Frau, Joggen und Sportschau schauen. Wobei das mit der Sportschau natürlich in den letzten Wochen nicht mehr möglich ist. Und ich habe festgestellt: Es fehlt mir überhaupt nicht. Und es ist mir total egal, wer in dem Jahr nun deutscher Fußballmeister wird. Und ich bin mir ziemlich sicher: Es interessiert zurzeit so gut wie niemanden. Es gibt Wichtigeres, haben wir in diesen Zeiten gelernt. Es gibt auch Wichtigeres, als in den Urlaub zu fahren, so gern wir das auch tun würden. Es gibt Wichtigeres als Konzertbesuche oder Essengehen. Das Leben eines Menschen geht vor. Und es ist ja auch gut, dass wir in einer Gesellschaft leben, wo die Politiker und viele andere Verantwortliche auch so denken.

Doch wieder zurück zu der Frage: „Ohne was kannst du nicht leben?“ Natürlich kann ich mir ein Leben ohne Familie, ohne Freunde, ohne liebe Menschen auch nicht vorstellen. Sie wahrscheinlich auch nicht. Und doch wissen wir: Auch das kann uns ja genommen werden. Ehepartner, Freunde, sogar Kinder können vor uns sterben.

„Ohne was kannst du nicht leben?“ Als Antwort auf diese Frage bleibt mir nun eine Person übrig. Das ist Jesus. Ein Leben ohne ihn kann ich mir nicht vorstellen. Ohne ihn möchte ich nicht mehr leben. Martin Luther sagte einmal sinngemäß: Wenn er wüsste, dass es Jesus nicht gäbe, das als Folge dessen der Glaube an ihn eine Illusion wäre, wünschte er keinen Tag mehr zu leben. So ähnlich könnte ich es auch sagen.

Ich bin der festen Überzeugung: Nur ein Leben mit ihm lohnt sich. Das klingt vielleicht sehr provozierend und intolerant. Aber genauso wie ich es eben gesagt habe, hat es Jesus ja auch ausgedrückt. Ich habe es gerade vorgelesen. „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ hat er zu seinen Jüngern gesagt.

Jesus verwendet ein Bild, um das zu erklären, was er meint. Er vergleicht sich mit einem Weinstock. Und jeder, der an ihn glaubt und mit ihm lebt, ist wie ein Ast an diesem Weinstock. Diese Äste nennt man Reben. Nur in Verbindung mit dem Weinstock werden an den Reben Früchte hängen, die Weintrauben. Und wenn du so einen Ast absägt oder abreißt, dann verdorrt er. An dem wächst keine einzige Weintraube. Diese Wahrheit kann keiner leugnen.

Jesus meint nun mit seinem Vergleich: Nur, wenn ein Mensch an ihn glaubt und in Verbindung mit ihm lebt, hat sein Leben einen Sinn. Wieso Jesus? Wieso er? Wieso er allein? Ich möchte die Antwort, die Jesus selber gegeben hat: Weil er mehr ist als ein guter Mensch, mehr ist als einer, der kluge und hilfreiche Sätze gesagt hat. Er ist der Sohn Gottes. In ihm ist Gott selber anwesend gewesen. Und er ist auch heute noch da und erfahrbar. Das unterscheidet ihn von allen anderen Menschen, von allen Religionsstiftern, Philosophen und Superstars dieser Welt.

Ich rechne wirklich damit, dass dieser Jesus immer bei mir ist, auch wenn ich ihn nicht sehe. Und ich traue ihm zu, dass er wirklich in mein Leben eingreift, wie auch immer, manchmal für mich begreiflich, manchmal auf unbegreifliche Weise. Ich bin davon überzeugt: Dieser Jesus verlässt mich nicht, er meint es immer gut mit mir, auch wenn ich sein Handeln nicht erkenne oder verstehe.

Die Niederländerin und Evangelistin Corrie ten Boom soll immer einen ganz kleinen gewebten Teppich dabeigehabt haben. Manchmal kam sie in ihren Gesprächen auf die Frage: „Warum lässt Gott das zu?“ Mir wird diese Frage auch oft gestellt. Als Antwort nahm sie dann diesen Teppich zur Hand und zeigte ihn ihrem Gesprächspartner zunächst von der Rückseite. Man sah vor allem ein Gewirr von Fäden. Dann drehte sie ihn um und man entdeckte ein schönes Muster. „So ist es oft mit unserem Leben“, erklärte sie. „Es ist wie ein Teppich. Wir sehen es oft nur von der Rückseite und damit nur ein Gewirr von Fäden, deren Sinn wir nicht verstehen.“ Aber Gott sieht ihn von der Vorderseite, auf der ja ein wunderschönes Muster zu sehen ist. Oft erst hinterher, vielleicht nach Jahren, vielleicht erst in der Ewigkeit bekommen wir auch diese Vorderseite zu sehen und entdecken den wunderbaren Plan, den Gott in unserem Leben verwirklicht hat.

Erst vor kurzem habe ich mit einer Person gesprochen, der es so ähnlich erging. Da war so manches Schwere in ihrem Leben. Aber im Rückblick merkte sie: Gott hat wirklich Präzisionsarbeit geleistet, sehr genau, manchmal geradezu minutiös geplant und durchgeführt. So kann es einer erleben, der mit Jesus lebt und mit seinem Eingreifen rechnet.

Jesus lebt. Er ist erfahrbar. Ich kann ihn zwar nicht sehen. Aber ich kann trotzdem mit ihm reden. Christen nennen das beten. Und ich kann auch das hören, was er mir sagt, wenn ich in der Bibel lese und wenn ich im Gottesdienst bin und dort von ihm etwas höre wie in einer Predigt oder einem der Lieder, die wir singen.

Jesus lebt. Das steht für mich fest. Die Frage ist nur, - und jetzt halten Sie sich bitte fest, - ob Sie auch leben. Klar, werden Sie antworten, natürlich lebe ich. Ich atme, mein Herz schlägt, ich kann mich bewegen und reden. Alles Zeichen dafür, dass ich lebe. Aber das meine ich nicht. Ich frage Sie, ob Sie dieses Leben, das Jesus selber hat, auch haben, dieses göttliche, ewige Leben. Ob Sie wie eine Rebe mit ihm, dem Weinstock verbunden sind oder nicht. Eine Rebe, das ist uns ja allen klar, die nicht an dem Weinstock hängt, verdorrt, die ist tot.

Jesus sagte einmal zu seinen Jüngern: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“ Was meint er damit? Es geht ihm nicht darum, unser Leben ein bisschen zu verlängern durch ausgefeilte Ernährung oder einen gesunden Lebenswandel. Er will nicht unsere Sehnsucht nach Unsterblichkeit befriedigen. Auch der, der an Jesus glaubt, muss einmal sterben. Es geht ihm auch nicht darum, unser Leben ein wenig lebenswerter zu machen durch weise Gedanken oder vorbildliche Moral. Er verspricht uns auch nicht ein Leben ohne Schwierigkeiten. Sondern er will uns vielmehr ein neues Leben geben. Das Leben Jesu, das heißt seine Art zu denken, zu reden, seine göttliche Art, soll auch in uns wirksam werden.

Ich denke an eine junge Frau. Irgendwie war sie in den großen Sumpf von Alkohol und Drogen hineingeraten. Alles zerbrach. Sie verlor ihre Arbeitsstelle und ihre Familie. Körperlich war sie ein Wrack. Die Lebenswende begann, als sie im Schaufenster auf einem Plakat las: „Jesus lebt!“ An diesen zwei Worten blieben ihre Augen und ihr Herz hängen. Sie begann den lebendigen Jesus zu suchen, schloss sich einer Gemeinde an und wurde Christ. Gott tat sein Werk an ihr und richtete sie wieder auf. Von den Drogen kam sie los. Alkohol trinkt sie nicht mehr. Auch arbeiten kann sie wieder. Jemand, der sie kennt, meinte: „Noch steht ihr Lebenshaus nicht ganz fest. Aber ich bin zuversichtlich, dass Gott auch diese Risse zumauern kann.“

Gut, Sie können sagen: Ich bin weder alkohol- noch drogenabhängig. Ich habe mein Leben ganz gut selber im Griff. Wozu brauche ich diesen Jesus?

Ich selber war auch nie drogen- oder alkoholabhängig. Aber trotzdem brauche ich Jesus. Denn da waren andere Dinge, die mein Leben belastet und vergiftet haben, all die unguten Gedanken, die bösen Worte, meine negativen Gefühle wie Angst, Sorge, Neid, all das, womit ich an Gott und meinem Mitmenschen schuldig geworden bin. Das kennt ja wohl jeder Mensch.

Bei all dem Genannten handelt es sich auch um Giftstoffe, die Ihr Leben kaputtmachen, die Ihnen den ewigen Tod, die ewige Trennung von Gott einbringen. Es sei denn, Sie benutzen Jesus als Giftmüllentsorgungsstelle und vertrauen ihm alle Schadstoffe Ihres Lebens an.

Dann ist auch der Weg frei, dass die heilenden Kräfte Jesu in Ihr Leben hineinkommen: seine Vergebung, seine Liebe, sein Frieden, seine Freude. Bitten Sie Jesus in Ihr Leben und dann haben Sie Anteil an einem Stück Ewigkeit, ja Sie sind selbst ein Stück der Ewigkeit geworden.

Sie haben es selbst in der Hand, dass dies geschieht. Sie brauchen sich ihm nur zu öffnen, all das einmal herauszulassen und ihm zu sagen, was Ihr Leben belastet und vergiftet, und ihn in Ihr Leben hineinzubitten.

Was das bedeutet, werden Sie erst erfahren, wenn Sie das tun. An Jesus glauben ist kein Zusatzprogramm für religiöse Menschen, ein nettes Hobby, ohne das man auch leben kann. Nein, es geht um ein neues Leben, ohne das ein Leben kein Leben ist. Sie haben jemanden immer in Ihrer Nähe, der Sie nicht allein lässt, und der, wie er einmal versprach, alle Macht hat.

Ein Pfarrer erzählt von einer alten Frau, die er in einem Altenheim kennenlernte. Seit über 40 Jahren konnte sie das Bett nicht mehr verlassen. Für alles, jede Kleinigkeit, brauchte sie Hilfe von anderen Menschen. Das Faszinierende für ihn war, dass sie trotz ihres Zustandes nicht verbittert noch vereinsamt war. Im Gegenteil, sie wirkte sehr lebendig. Manchmal sagte sie: „Hauptsache, ich habe Jesus! Er verlässt mich nicht!“ Der lebendige, auferstandene Jesus Christus war bei ihr, war in ihrem Leben und schenkte ihr die Kraft, mit ihrer Krankheit leben zu können. Sie hatte die Hauptsache, Jesus.

Wenn einer jung ist und nicht krank, dann ist sein Leben bei uns in Deutschland voller Nebensachen, sicher oft voller schöner Nebensachen, aber doch Nebensachen. Aber es kommt darauf an, dass die Hauptsache in dein Leben hineinkommt, das ist Jesus.

Dann ist es natürlich wichtig, nicht nur in Verbindung mit Jesus zu kommen, sondern bei ihm zu bleiben. Das hat jeder von uns bei seiner Konfirmation versprochen. Alle die, die konfirmiert haben, haben dies versprochen. Bei ihm bleiben heißt, immer wieder in Verbindung mit ihm zu treten. Dies geschieht im Gebet. Und es heißt seine Nähe zu suchen, wenn ich in der Bibel lese oder einen Gottesdienst besuche. Wer das tut, der kann es erleben, dass in diesen Worten, die ich da lese oder höre, Jesus selbst mit mir redet.

Wer so in Verbindung mit Jesus lebt, dessen Leben bringt Frucht. So drückt es Jesus mit seinen Worten aus. So wie eine Rebe Frucht bringt, wenn sie in Verbindung mit dem Weinstock bleibt. Diese Rebe muss sich nicht sorgen, ob nun Weintrauben an ihr wachsen. Wenn sie am Weinstock bleibt, geschieht dies automatisch.

So ist es auch bei einem Menschen, der bei Jesus bleibt. Dessen Leben bringt Frucht. Das heißt, es verändert sich zum Guten. Da kommt in sein Leben etwas von Jesus hinein. Etwas von seiner Liebe.

Es kommt in einem Leben nicht drauf an, ob einer viel Geld verdienst. Es kommt auch nicht darauf an, ob einer ein tolles Auto fährt. Es kommt auch nicht darauf an, ob einer berühmt wird und ob einen viele Menschen bewundern. Es kommt nicht darauf, ob einer Karriere macht. Es kommt nicht darauf an, ob einer viel Spaß im Leben hat. Es kann jemand all das erreichen oder haben und trotzdem unglücklich und unzufrieden sein.

Es kommt auch in Ihrem Leben letzten Endes nur darauf an, ob Sie glauben, dass Sie von Jesus, so, wie Sie sind, geliebt sind und ob Sie diese Liebe weitergeben. Das gibt Ihrem Leben Sinn. Das macht es wertvoll. Bleiben Sie bei Jesus. Dann geht von Ihnen etwas Gutes, Wohltuendes aus, eben seine Liebe. Das wird passieren, früher oder später. Auch wenn Sie zunächst nichts davon erkennen. Darauf kommt es nicht an. Das ist nicht Ihr Problem. Darum kümmert sich Jesus. Ihre Sache ist es, so zu beten, wie es in dem Lied heißt, das wir jetzt gemeinsam singen wollen:

„Bei dir, Jesu, will ich bleiben, stets in deinem Dienst stehn; nichts soll mich von dir vertreiben, will auf deinen Wegen gehen. Du bist meines Lebens Leben, meiner Seele Trieb und Kraft, wie der Weinstock seinen Reben zuströmt Kraft und Lebenssaft.“

Amen