Bayreuth, den 10.5.20 Matthäus 11, 25-30

Liebe Gemeinde! 

Jeder Sonntag hat ja einen Namen. Meist ist es etwas Lateinisches. So ist es auch bei dem heutigen Sonntag. Er heißt „Kantate“, auf Deutsch „Singt!“ Ich weiß nicht, wie oft Ihnen immer zum Singen zumute ist. Es gibt solche Zeiten. Zum Beispiel, wenn man frisch verliebt ist, sein Glück, einen so wunderbaren Menschen gefunden zu haben, kaum fassen kann und wie auf Wolken schwebt. Oder wenn man, vielleicht nach langem Suchen eine tolle Arbeitsstelle gefunden hat. So ging es mir einmal, als ich nach einigen vergeblichen Bewerbungen endlich in Hartmannshof eine Pfarrstelle bekam, bei der ich, natürlich zusammen mit einem kooperativen Kirchenvorstand, so richtig loslegen konnte, wie ich es mir vorstellte.

Aber das Gefühl des Verliebtseins ist früher oder später wieder vorbei. Auch bei der schönsten Arbeitsstelle holt einen der mühselige Alltag ein. Die Glückshormone verschwinden. Stattdessen geben die Stresshormone Adrenalin und Cortisol den Takt an.

Wir alle kennen sicher Zeiten, in denen es uns nicht zum Singen zumute ist, sondern eher zum Seufzen. In denen wir nicht unbelastet durchs Leben gehen, sondern schwer beladen. In denen uns Sorgen niederdrücken wollen, wie es in Zeiten von Corona weitergeht mit unserer Arbeitsstelle, mit meinem Betrieb, ob risikogefährdete Verwandte Covid 19 bekommen, oder ich selbst, wann denn nun endlich diese Pandemie ein Ende hat. Dazu kommen die ganz „normalen“ Sorgen, die einen im Alltag überfallen können, wie ich meinen Schulabschluss, mein Studium oder meine Arbeit schaffe, wie ich meine Kinder richtig erziehe, wie es mit meiner Ehe weitergeht. Da kann sich einem der Hilferuf unserer Kehle entringen: „Ich schaff’s nicht mehr!“

Dann gibt es natürlich die Lasten unserer Schuld. Wir haben versagt, haben anderen weh getan, haben Dinge getan, derer wir uns schämen und die wir nicht wiedergutmachen können. Wir haben wieder unseren Leidenschaften und Abhängigkeiten nachgegeben. Wir leiden unter unserer Sünde, wollten gerne anders sein, viel lieber und freundlicher und schaffen es nicht. Es gibt unendlich viele Lasten in unserem Leben und im Leben anderer.

Wer unter seinen Lasten leidet, für den habe ich eine gute Nachricht. Jesus ruft so einen Menschen zu sich. Wir haben ja seine Worte vorhin gehört: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid.“

So wie wir sind, dürfen wir zu Jesus im Gebet kommen, mit unseren Sorgen, unseren Ängsten und unserer Schuld. Er will uns diese Lasten abnehmen.

Dieses Kommen ist leicht und schwer zugleich. Es ist leicht, weil wir ja keine Voraussetzungen mitbringen müssen, um mit aller Last zu Jesus zu kommen. Aber es kann auch schwer sein, wenn wir nicht zugeben wollen, von Sorgen und Ängsten Belastete und vor allen Dingen Sünder sind. Lieber machen wir dann unser eigenes Ding, wie es in einer Baumarktwerbung heißt. Aber die Lasten gehen nicht weg, wenn wir sie leugnen. Ganz im Gegenteil. Es tut uns nicht gut, wenn wir in unserem Leben nur mit unseren eigenen Kräften rechnen. Ganz im Gegenteil. Dann kann es uns so ergehen, wie jenem Mann, den ich Kraft-Max nennen möchte.

Also, der „Kraft-Max“ bekommt von seinem Arbeitgeber eine Motorsäge in die Hand gedrückt und erhält den Auftrag, in den Wald zu gehen und Bäume zu fällen. Er sollte 100 Bäume am Tag fällen. Nun gut, Max ist ein muskelbepackter Mann und denkt: „Werde ich schon schaffen!“ Er stapft los und rackert sich ab und plagt sich. Am ersten Tag schafft er 10 Bäume, aber er gibt nicht auf. Am nächsten schafft er 15. Am dritten probiert er es noch einmal und schafft 17. Völlig am Ende geht er zu seinem Chef und sagt: Ich gebe auf, das ist unmöglich, so viel kann man nicht schaffen. Der Chef lässt sich daraufhin einmal die Motorsäge geben, um zu sehen, ob sie richtig funktioniert. Er wirft sie an – alles in Ordnung. Sie funktioniert. Da sagt der Max: „Was ist denn das für ein Geräusch?“

Er hatte die ganze Zeit gearbeitet, ohne den Motor einzuschalten!

Genauso wie der "Kraft-Max" nur den Motor seiner Säge hätte einschalten müssen und seine Arbeit wäre ihm viel leichter von der Hand gegangen, genauso dürfen wir die Kraftquelle der Zusagen Gottes für uns in Anspruch nehmen! Eine der wunderbarsten Zusagen ist eben dieses Wort Jesu, das wir vorhin gehört haben: „Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid!“

Zu ihm, zu Jesus, können wir so kommen wie wir sind. Ihm brauchen wir nichts vorzumachen, ihm dürfen wir unsere Schwächen, Fehler, Versagen, Verletzungen und Enttäuschungen zeigen und sagen: „Hilf du mir, ich schaffs nicht mehr alleine!” Aus dem verzweifelten: "Hilfe, ich schaff`s nicht mehr!" können und dürfen wir eine Bitte machen: "Hilf du mir, ich schaff`s nicht mehr!" Natürlich können uns auch Menschen helfen. Wir können Menschen unseres Vertrauens um Hilfe bitten. Aber noch wichtiger ist es, Jesus um Hilfe zu bitten.

Ich finde es total befreiend, dass ich alles, was mich belastet, einem anvertrauen kann, der den Durchblick hat, der mich, mein Leben, meine Sorgen und Probleme sowieso besser durchschaut als ich es jemals könnte. So kann ich die Last der Verantwortung, die mich manchmal schier erdrücken will, getrost in seine Hände legen. Er enttäuscht keinen, der zu ihm kommt mit der Bitte: „Herr, ich weiß nicht mehr weiter, jetzt hilf du mir doch.” Und ich darf eben nicht nur die Last meiner Sorgen bei Gott abgeben, sondern auch die Last meines Versagens.

Bei Jesus darf ich alle Fehler, die ich gemacht habe, alles persönliche Versagen abladen. Weil Jesus am Kreuz gestorben ist, vergibt uns Gott alle Schuld. Das ist für mich das Befreiendste, was es überhaupt gibt: Ich darf jeden Tag neu anfangen, ganz von vorn beginnen, so, als hätte ich nie etwas falsch gemacht. Ich muss den Ballast von gestern heute nicht mehr mit mir herumschleppen. Als von Jesus Begnadigter darf ich glauben: Gott ist mein Vater, er liebt mich und er sorgt für mich in allen Lagen meines Lebens.

Wir dürfen bei Jesus abladen: Schmerzen, Krankheiten, Leid, Kummer, Sorgen, Lasten, alles, was uns zu schwer ist, was wir nicht länger aushalten und ertragen können. Wir dürfen es jetzt loslassen, ihm übergeben und sagen: Da, übernimm du das jetzt bitte! Und wir dürfen ihm auch alle Sünden bringen, alle Blindheit für eigene Schuld, allen Stolz, allen Unglauben – dafür ist er ja am Kreuz gestorben, damit wir befreit aufatmen können!

Und wo wir in die Irre gelaufen sind, wo wir ihm davongelaufen sind: er vergibt es uns, er läuft uns nach, er sucht uns wieder und: Komm doch wieder her zu mir, der du mühselig und beladen bist, ich will dich erquicken! Ich gebe dir Ruhe für deine Seele, bei mir findest du den Frieden, den dir die Welt nicht geben kann!

Es gibt jemanden, der uns unendlich liebt. Der alle Macht und Gewalt hat, um uns zu helfen. Das ist Jesus. Er ist wie ein liebender, barmherziger Vater, der nur darauf wartet, dass wir endlich zu ihm kommen, dass wir heimkommen, um bei ihm alles abzuladen, was uns belastet. Besser als jeder Mensch uns verstehen und helfen kann, kann es Jesus.

Die meisten von Ihnen kennen sicher die Geschichte vom verlorenen Sohn. Der war auch total am Ende und tat das Beste, was er nur tun konnte: er kehrte nach Hause zurück zu seinem Vater, also zu Gott. Dieser rief ihn zwar nicht zu sich. Er hörte nicht seine Stimme: Komm doch her zu mir, du Mühseliger, du von Schuld Beladener! Aber ich bin mir sicher: Tief in seinem Inneren hatte der Sohn die Gewissheit: Ich darf zu ihm kommen. Der stößt mich nicht weg. Und tatsächlich; Dieser Vater schloss seinen Sohn in seine ausgebreiteten Arme. Die ausgebreiteten Arme des Vaters. Sie erinnern mich an die ausgebreiteten Arme Jesu am Kreuz. Viele von Ihnen kennen ja den Liedvers aus dem Lied „Vergiss nicht zu danken“: „Er hält seine Arme am Kreuz ausgespannt und bittet dich: Komm doch zu mir!“ Ja, komm doch zu ihm. Gerade dann, wenn du nicht mehr weiterweißt.

Vielleicht kennen Sie ja solche Tage, wo man früh im Bett liegt und nicht weiß, wie man den Tag, der vor einem liegt, überstehen soll. Wenn ja, dann kann ich Ihnen nur den guten Rat geben: Kommen Sie zu Jesus im Gebet, und bitten Sie ihn um Hilfe, um Erquickung und um Kraft. Ich bin mir sicher: Er erhört Ihr Gebet. Sie bekommen seine Kraft. Es gibt eine Kraftquelle jenseits aller menschlichen Möglichkeiten. Diese Kraftquelle ist Jesus und sein Wort.

Im ersten Kapitel der Bibel lesen wir: „Gott sprach, es werde Licht und es ward Licht.” (1.Mose 1,3) Gott spricht und die schier unerschöpfliche Energiequelle der Sonne entsteht. Die Worte Gottes haben eine unvorstellbare Kraft. „Dynamis”, so heißt das griechische Wort für Kraft, davon kommt „Dynamit“. In den Worten Gottes stecken also ungeheure Energiequellen. Eine Stelle aus dem Propheten Jesaja weist uns auf diese Kraftquelle hin: „Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt; sein Verstand ist unausforschlich. Er gibt dem Müden Kraft, und Stärke genug dem Unvermögenden. Die Knaben werden müde und matt, und die Jünglinge fallen, aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.” (Jesaja 40,28-31) Diese Energie steht uns zur Verfügung!

Und wenn Sie nicht mehr ein noch aus wissen. Wenden Sie sich in Ihrer Not an Jesus. Er hat Mittel und Möglichkeiten, uns auch in den schwierigsten und aussichtslosesten Lagen zu helfen und beizustehen.

Dazu passt folgende Geschichte von William Saroyan, die ich in einem der Bücher von Axel Kühner entdeckt habe:

Einst lebte ein Zimmermann, den eines Abends auf seinem Heimweg ein Freund anhielt und fragte: „Mein Bruder, warum bist du so traurig?” - „Wärst du in meiner Lage, du empfändest wie ich”, sagte der Zimmermann. „Erkläre dich”, sprach der Freund. „Bis morgen früh”, sagte der Zimmermann, „muss ich 11.111 Pfund Sägemehl aus Hartholz für den König bereit haben, oder ich werde enthauptet.” Der Freund lächelte und legte ihm den Arm um die Schulter. „Mein Freund”, sagte er, „sei leichten Herzens. Lass uns essen und trinken und den morgigen Tag vergessen. Der allmächtige Gott wird, während wir ihm Anbetung zollen, unseretwegen des Kommenden eingedenk sein.” D.h. Vertraue Gott, der wird für dich sorgen!

Sie gingen also zum Hause des Zimmermanns, wo sie Frau und Kind in Tränen fanden. Den Tränen ward Einhalt getan durch Essen, Trinken, Reden, Singen, Tanzen und all sonstige Art von Gottvertrauen und Güte. Inmitten des Gelächters fing des Zimmermanns Frau zu weinen an und sagte: „So sollst du denn, mein lieber Mann, in der Morgenfrühe enthauptet werden, und wir alle vergnügen uns indessen und freuen uns an der Güte des Lebens. So steht es also.” „Denke an Gott”, sprach der Zimmermann, und der Gottesdienst ging weiter. Die ganze Nacht hindurch feierten sie.

Als Licht das Dunkel durchdrang, und der Tag anbrach, wurde ein jeglicher schweigsam und von Angst und Kummer befallen. Die Diener des Königs kamen und klopften sacht an des Zimmermanns Haustür. Und der Zimmermann sprach: „Jetzt werde ich sterben”, und öffnete.

„Zimmermann”, sagten sie, „der König ist tot. Mache ihm einen Sarg!” (William Saroyan)

Diese Geschichte zeigt: Gott gefällt es, wenn wir ihm kindlich vertrauen. Hier erlebte eine Familie: „Die rechte Hand des Herrn kann alles ändern!” Das hat die Familie des Zimmermanns in früherer Zeit erlebt, und das gleiche können wir stress geplagten Menschen des 21. Jahrhunderts genauso erleben. Es ist einen Versuch wert. Fangen Sie doch den morgigen Tag einmal an mit dem Gedanken: „Danke, Herr, dass du bei mir bist und dass du diesen ganzen Tag in deiner Hand hast!” Und wenn Hektik aufkommen will: „Danke, dass du jetzt auch noch da bist und mir hilfst!” „Danke, dass ich immer mit allen Lasten zu dir kommen kann!“ Ein solcher Tag, der mit der Hilfe des allmächtigen Gottes gelebt wurde, ist nicht sinnlos, auch wenn ich keine bedeutenden Dinge gemacht habe.

Was vor Gott zählt, ist letztlich nur die Liebe. Einem kleinen Kind liebevoll die Nase geputzt zu haben, einen alten, kranken Menschen besuchen, einen Einsamen anrufen, kann vor Gott weit mehr Bedeutung haben als auf der Karriereleiter eine Sprosse weiter nach oben gekommen zu sein. Gott sieht auf die ganz unscheinbaren Dinge. Wenn wir uns von ihm lieben lassen und seine Liebe weitergeben, hat unser Leben einen ungeheuren Wert.

Und da wäre ich schon unversehens bei dem angelangt, was ich zum Schluss noch kurz sagen möchte: Wir dürfen also im Gebet zu ihm kommen. Er beschenkt uns mit seiner Liebe. Und diese Liebe dürfen wir weitergeben. Das ist mit seinem Joch und seiner Last gemeint, die wir tragen sollen. Es ist seine Liebe, die wir zu den Menschen tragen sollen, dürfen und können. Ein Leben mit Jesus ist sicher auch nicht immer einfach. Da gibt es auch Lasten zu tragen. Da gibt es Zeiten, in denen wir uns auch abplagen müssen, um anderen zu helfen und beizustehen. Aber dies geschieht dann nicht mit unserer Kraft, sondern mit seiner. Von ihm getragen können wir andere tragen.

Amen