Bayreuth, den 14.6.20 Lukas 16,19-31

Liebe Gemeinde!

Dieser reiche Mann, von dem Jesus erzählt, kommt nicht in den Himmel. Nun kann man sich fragen: Gibt es die Hölle? Ich bin mir sicher: Die meisten Menschen in unserer Gesellschaft würden darauf antworten: Nein, natürlich nicht. Wir leben doch nicht im Mittelalter. Da glaubte man noch an die Hölle. Da rechnete man noch damit, dass es nach dem Tod ein Reich der ewigen Qualen gibt, in dem die bösen Menschen hinkommen werden.

Es ist sicher die absolute Härte, zu einem Leben ohne Gott verurteilt zu werden, und zwar in alle Ewigkeit. Aber die Hölle ist keine Erfindung der mittelalterlichen Kirche, um den Leuten Angst einzujagen. Nein, Jesus selbst redet an über 20 Stellen im Neuen Testament von der Hölle. Wenn ich jetzt ganz deutlich davon rede, dass es eine Hölle gibt, dass ein Mensch wirklich verloren gehen kann, dann möchte ich nicht drohen, sondern warnen. Es geht mir nicht um Angstmache, sondern um ein Aufzeigen der Konsequenzen.

Ein guter Arzt macht es ja genauso. Auch er wird zu einem Patienten sagen: "Sie können weiter durch ihr ungesundes Verhalten Ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Sie sind ja ein freier Mensch. Aber ich würde Ihnen raten, es nicht mehr zu tun. Es geht schließlich um Ihr Leben. Aber die Entscheidung müssen natürlich Sie selber treffen." Es ist nicht egal, wie wir leben. Alles, was wir denken, reden, tun oder nicht tun, hat einmal seine Folgen. Eigentlich ist uns doch allen klar: Alles hat Konsequenzen. Wer in der Schule nichts lernt, fällt durch. Wer seine Arbeit nicht tut, wird entlassen. Und wer sein Leben ohne Gott und ohne nach seinem Willen zu fragen, führt, kommt einmal nicht zu ihm und sein Reich.

Das Ende so eines Lebens ist eine Ewigkeit ohne Gott. Und das nennt die Bibel Hölle. Das ist der Ort in der Ewigkeit, wo Gott nicht ist.

Ich weiß, diese Worte klingen hart und scheinen gar nicht zu einem Gott der Liebe zu passen. Aber sie sind wahr.

Man kann sogar so sagen: Weil Gott jeden Menschen liebt, respektiert er seine Entscheidung. Wenn er ohne Gott und seine Liebe leben will, dann soll er seinen Willen haben. Dann soll er auch in Ewigkeit ohne Gott und seine Liebe leben. Etwas Anderes wäre nicht konsequent.

Der Glaube an die Hölle hat nichts mit einem grausamen Gott zu tun, aber mit dem Glauben an Menschen, die sich von Gott entfernen, die ohne ihn leben und somit sich selber die Hölle wählen.

Nun gut, kann einer sagen. Ich komme doch nicht in die Hölle, wenn es denn eine gibt. Wieso sollte ich nicht in den Himmel kommen? Ich bin doch im Großen und Ganzen ein guter Mensch! Dieser Meinung sind sicher viele Menschen. Aber wer so denkt, der kennt sich nicht. So wie jener Mann, von dem ich erzählen möchte. Er hielt sich selbst für gut und gerecht - im Gegensatz zu vielen anderen Menschen. Da hat er eines Nachts einen Traum: Er kommt auf einen anderen Planeten, auf dem alle in Liebe und Harmonie miteinander leben. „Welch eine wunderbare Welt!“ denkt er. „Ganz anders wie bei uns auf der Erde. Dort möchte ich für immer bleiben!“ Doch nach kurzer Zeit kommt es an dem Ort, wo er wohnt, zu Hass, Eifersucht und Streit. Enttäuscht reist er weiter. Beim zweiten Ort ergeht es ihm genauso. Auch dort vertragen sich die Menschen. Doch kurz nach seiner Ankunft kommt es auch dort zu bösen Dingen. Er reist wieder weiter. Und beim dritten Ort geschieht genau das Gleiche. Dann merkt er entsetzt: Er selbst ist die Ursache des Bösen. Er hat es auf diesen Planeten mitgebracht und nun kommt es überall, wo er hinkommt, zum Ausbruch! Erschrocken und nachdenklich wacht er auf.

Der Keim des Bösen, für jedes Böse, steckt auch in uns, auch in dir. Es braucht nur den richtigen Nährboden, damit es sich entwickeln, wachsen und die entsprechenden Früchte bringen kann. Und es ist gut, wenn wir darüber erschrecken, wie jener Träumende.

In uns allen steckt auch dieser reiche Mann, von dem Jesus hier erzählt. Er war kein schlechter Mensch. Er war kein Verbrecher, der jemand umgebracht oder ausgeraubt hatte. Der reiche Mann hatte auch kein ausschweifendes Leben geführt, mit Drogen und Sexpartys. Das alles steht nicht da. Sein Leben war angenehm. Jeden Tag gab es für ihn die erlesensten Speisen. Er trug kostbare Kleider, die sich eigentlich nur Könige und Priester leisten konnten. Aber er war kein Tyrann, kein Despot, der seine Untergebenen quälte und schikanierte. Er genoss einfach sein Leben in vollen Zügen.

Ist dieser reiche Mann nicht ein sehr moderner Mensch, ein Wohlstandsbürger unserer Tage? Das Leben genießen, - bis zum letzten Atemzug - in Reisen, Sport und Partys feiern, - darum geht es doch Millionen von Menschen. Doch all das vergeht ja irgendwann einmal.

Und Hand aufs Herz: Wie ist das mit Ihnen? Wie ist das mit dir? Soll das Leben angenehm sein, ohne große Mühe, Krankheit und Schmerzen, mit einem schönen Urlaub jedes Jahr, gutem Essen und Trinken, einem erfüllenden und gut bezahlten Beruf, gut Essen und Trinken, einer schönen Wohnung oder ein Haus? Und den Lazarus vor deiner Tür übersiehst du: die Außenseiterin in deiner Klasse, die alle nur mobben, die alte, etwas schrullige Nachbarin in Ihrem Haus, der eigene Mann, die eigene Frau, die eigenen Kinder, die mit dir unter einem Dach leben. Sie warten auf deine Liebe, deine Zuwendung, aber sie bekommen sie nicht. Dann wäre Ihr Leben nicht anders als das des reichen Mannes. Natürlich dürfen wir alles Schöne unseres Lebens dankbar genießen. Aber all das wird uns spätestens nach unserem Tod genommen. Und was bleibt dann von uns übrig?

Ein alter Pfarrer kam einmal in einer vornehmen Gesellschaft neben einem General zu sitzen. Dieser hielt vom Glauben nicht sehr viel. Der General sagte: „Sie reden viel von der Ewigkeit und wollen uns damit Angst einjagen. Aber etwas Gewisses können Sie doch nicht darüber aussagen.“

„Ich denke schon“, entgegnete der Pfarrer. „Und das wäre?“ fragte der General. „Glauben Sie, dass Sie nach Ihrem Tod noch General sein werden?“ „Nein.“ „Sind Sie sich da sicher?“ „Ich denke schon.“ „Nun, dann wissen Sie ja etwas über die Ewigkeit. Aber nun sollten Sie sich überlegen, was von Ihnen übrigbleibt, wenn die Uniform mit ihren Rangabzeichen und Orden abgefallen ist.“

Diese Frage sollten wir uns auch einmal stellen. Was bleibt von uns einmal übrig, wenn wir alles, was wir als Leihgabe von Gott bekommen haben, zurückgeben müssen, unsere schönen Kleider, unser Haus, unser Geld, unsere Arbeit, unsere Kraft und Schönheit?

Vom reichen Mann blieb nichts übrig, was Gott gefallen konnte. Seinen Reichtum und seinen Luxus konnte er nicht mit in die Ewigkeit hinübernehmen. Und etwas Anderes konnte er nicht vorweisen. Um seinen Nächsten hatte er sich nicht gekümmert. Und Gott hatte auch in seinem Leben keine Rolle gespielt. So kommt er auch an den Ort hin, wo Gott nicht vorkommt. Das ist die Hölle.

Die Qualen der Hölle ist dieses Wissen: Es gibt Gott. Es gibt einen Ort der wunderbaren ewigen Liebe. Aber ich komme dort nicht hin, weil ich diesen Gott nicht geliebt habe, sondern letztlich nur mich selbst.

Anders ist mit Lazarus. Er kommt nach dem Tod in den Himmel. Die Engel tragen ihn dorthin und er darf in unmittelbarer Nähe von Abraham sein, dem Stammvater der Juden.

Warum kommt er in den Himmel? Wo liegt der Unterschied zu dem Leben des Reichen? Rein äußerlich gesehen kann man sich keinen größeren Gegensatz zwischen dem Schicksal der Beiden vorstellen. So luxuriös das Leben des Reichen war, so erbärmlich war das des Lazarus. Er war chronisch krank und so schwach, dass er die Nähe der Hunde erdulden musste, die seine Geschwüre ableckten. Und was das Essen anbelangte: Der Reiche bekam das Beste und Lazarus nur die Reste, den Tischabfall. Davon ernährte er sich. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel, würde man wohl heute sagen. In den armen Ländern unserer Erde gibt es unzählige solcher Schicksale.

Irgendwann endete dieses armselige Leben. Aber nun wendet sich das Schicksal. Lazarus kommt in den Himmel.

Gibt es also so eine Art himmlischen Lastenausgleich? Will Jesus uns sagen: Wer in diesem Leben arm ist, der hat es in der Ewigkeit zum Ausgleich besser? Sicher nicht. Genauso wenig wie Reiche wegen ihres Reichtums in der Hölle landen, kommen Arme wegen ihrer Armut in den Himmel.

Auch bei einem armen Menschen fällt nach dem Tod das Äußere ab, Krankheit, Schwäche, geringer Einfluss, Hunger und Schmerzen. Dann stellt sich genauso wie einem Reichen die Frage: Und was bleibt dann von mir übrig?

Bei Lazarus blieb, so merkwürdig es klingt, eines übrig. Das war sein Name. Der Reiche bleibt in der Geschichte namenlos. Bei Lazarus ist das anders. Er ist übrigens die einzige Person in den Gleichnissen von Jesus, denen er einen Namen gegeben hat.

Jesus hat einmal zu seinen Jüngern gesagt: „Freuet euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ Das ist also das Entscheidende, worüber sich ein Mensch freuen kann: Wenn er weiß, dass sein Name im Himmel geschrieben ist. D. h., wenn er weiß, dass Gott ihn kennt und versteht, seine Freuden und auch seine leidvollen Stunden mit ihm teilt, und dass er ihn einmal unter allen Umständen bei sich in seinem Reich haben will.

Lazarus war so ein Mensch. Sein Name kann uns Aufschluss über sein Wesen geben. „Lazarus“ heißt: „Gott hilft.“ So hat es Lazarus erfahren dürfen. Er schien zwar von Gott verlassen zu sein, er war trotzdem bei Gott bekannt. Er ließ ihn nicht allein.

Wissen Sie das eigentlich auch? Gott lässt Sie nicht allein! Gerade in den größten Nöten und tiefsten Tiefen ist Gott auch da. Gerade da will er Sie anreden, mit Ihrem Namen ansprechen, mit Ihnen eine Beziehung des Vertrauens aufbauen, Sie trösten, Ihnen vergeben, Ihnen auch die Kraft geben, sich für Ihre Mitmenschen einzusetzen, ihnen dieses Leben etwas schöner zu gestalten, und Sie einmal, wenn die Zeit dafür da ist, zu sich rufen.

Wie bekommt man denn so eine Beziehung des Vertrauens zu Gott? Mancher denkt: Ach, ich möchte schon gerne glauben. Aber ich kann es nicht. Wenn ich Beweise dafür hätte, dass es Gott, Jesus, Himmel und Hölle gibt, dann würde ich schon glauben! So denkt auch der reiche Mann. Lazarus soll seinen fünf Brüdern als Toter erscheinen und sie warnen. Nun gibt es das ja wirklich: Begegnungen mit selig oder auch unselig Verstorbenen. Auch Sterbende haben manchen Einblick in die Welt, in die sie im Begriff waren, hinüberzugehen. Als Pfarrer habe ich dazu an Sterbebetten manches Schöne aber auch manches Schreckliche miterlebt. Aber solche Erlebnisse mit dem Jenseits bewirken in der Regel keinen Glauben. Es ist sogar so: Wer Kontakte mit dem Jenseits sucht, durch Gläserrücken oder Tischrücken z. B., der findet dort zu keinem vertrauensvollen Verhältnis zu Gott, sondern gerät in Angst und Schrecken.

Wer zum Glauben kommen will, braucht keine spektakulären Begebenheiten. Sie brauchen nur eines: Gottes Wort. Sie brauchen Ihre Bibel und Sie brauchen Predigten. Paulus sagt es so: Der Glaube kommt aus der Predigt. Das Wort Gottes wirkt tatsächlich Glauben. Darauf kann sich jeder verlassen, der es liest oder hört.

Immer wieder geschieht es, und auch heute in diesem Gottesdienst kann es geschehen: Gott spricht Sie ganz persönlich durch sein Wort an. Er spricht auch zu Ihnen: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein.“ Das dürfen auch Sie glauben: Dass Gott Sie liebhat. Er hat Sie so sehr lieb, dass er sogar seinen Sohn Jesus Christus für Sie hat sterben lassen, auch für Ihre Sünde und Schuld. Er will sie auch Ihnen vergeben, ganz gewiss und so in Ihr Leben kommen. Denn durch die Vergebung beginnt die Beziehung des Vertrauens zu Gott.

Einer der bekanntesten und wichtigsten Verse der Bibel steht in Johannes 3 Vers 16. Ich lese ihn mal vor. "Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben."

Nun bitte ich mal jeden von Ihnen, dass er diesen Vers für sich etwas verändert liest. Und zwar so, dass jeder seinen eigenen Namen einsetzt

Ich lese ihn mal mit meinem Vornamen vor:

"Denn Gott hat Dieter so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für Dieter hergab. Dieter, der an ihn glaubt, wird nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben."

Setzen Sie doch Ihren Namen ein! Dann wird Ihnen klar: Gott liebt Sie. Er hat für Sie, oder um es einmal ganz persönlich auszudrücken: für dich seinen Sohn am Kreuz sterben lassen. Du darfst an ihn und seine Liebe glauben. Dann gehst du nicht verloren, sondern hast das ewige Leben. Und zwar unverlierbar.

Ein Wort Gottes, das ein Mensch im Glauben angenommen hat, das gilt für alle Ewigkeit. Es vergeht nicht. Durch so ein Wort Gottes, das in einem Menschen lebt, erhält er ewiges Leben. Dieses Göttliche in ihm kann nicht vergehen. Es verwandelt ihn vielmehr. Ein Leben mit dem Zielpunkt „Ewigkeit“ macht einen Menschen nicht weltfremd. Es macht ihn vielmehr tüchtig, ein Leben in dieser Welt zu bestehen und sich für seine Mitmenschen einzusetzen. Denn er lebt ja von der Zusage der Vergebung Gottes, er lebt von dem Versprechen seiner Nähe und seiner verändernden und befreienden Kraft. Ein Mensch, der sich so an ein Wort Gottes festklammert, kann nicht verloren gehen. Das glaube, und das halte fest, ein Leben lang.

Amen