Bayreuth, den 20.09.2020 Matthäus 6,25-34

Liebe Gemeinde!

Machen sich Tiere Gedanken über ihre Zukunft?

Eichhörnchen verstecken Futter, Affen sehen manchmal nachdenklich aus, Hunde können gucken, als ob sie wüssten, dass ihnen eine Strafe droht. Passiert dabei im Gehirn das Gleiche, wie wenn Menschen an die Zukunft denken?

Forscher von der Ruhr-Universität Bochum sind dieser Frage nachgegangen. Ihr Fazit: „Es gibt keine Hinweise darauf, dass Tiere in der Lage wären, verschiedene Zukunftsszenarien zu konstruieren, zu reflektieren und miteinander zu vergleichen“, sagt der Hirnforscher Sen Cheng. „Wir glauben daher nicht, dass Tiere mentale Zeitreisen machen können.“

Nichts Anderes sagt Jesus hier in unserem Predigtabschnitt. Vögel machen sich keine Gedanken wegen ihrer Zukunft. Sie legen kein typisch zukunftsorientiertes Handeln wie säen und ernten an den Tag. Sondern sie suchen sich jeden Tag neu ihr Futter. So ein Verhalten hat ihnen ihr Schöpfer einprogrammiert. Instinkt nennt das der Biologe.

Wir Menschen sind von Gott anders konstruiert. Wir denken pausenlos an unsere Zukunft. Wir malen uns aus, wie der nächste Urlaub sein wird oder wie wir die Aufgaben des nächsten Tages in Angriff nehmen wollen. Diese Fähigkeit ist durchaus nützlich. Macht sie es doch möglich, uns auf mögliche Gefahren in der Zukunft vorzubereiten oder aus Erfahrungen in der Vergangenheit zu lernen.

Wir Menschen können uns also die Zukunft vorstellen. Mit dieser genialen Fähigkeit gehen wir allerdings nicht immer gut um. Jesus warnt hier vor einer Neigung, die wir alle kennen: Das sich Sorgen.

Der Inhalt der Sorgen kann ganz verschieden sein. Die Leute, zu denen Jesus sprach, machten sich Sorgen um ihr Essen und Trinken und ihre Kleidung. Millionen von Menschen weltweit müssen sich immer noch Gedanken darüber machen, ob sie am nächsten Tag genug zu essen und zu trinken bekommen und etwas Ordentliches zum Anziehen. Wir leben in einem Wohlstandsland, wo wir genug zu essen und zu trinken haben und wir Kleider in Hülle und Fülle kaufen können. Wir müssen uns eher Gedanken darüber machen, dass wir nicht zu viel essen und trinken, um unser Gewicht zu halten. Und stundenlang können wir durch die Geschäfte streifen und uns überlegen, welche der vielen Kleider uns am besten stehen.

Aber natürlich haben wir auch in unserem reichen Land Existenzsorgen. Wie schlimm werden die Folgen der Corona-Pandemie werden? Wird mein Betrieb, in dem ich arbeite oder den ich besitze, eine Zukunft haben oder geht er in die Insolvenz? Wie wird sich meine Krankheit weiterentwickeln? Werde ich wieder gesund? Wie geht es mit meiner Ehe weiter? Bekomme ich wieder einen Job? Erhalte ich im Alter genug Rente? Finde ich einen Mann oder eine Frau?

Dazu können Sorgen kommen, die unser Land und die Zukunft der ganzen Welt betreffen. Wie wird es mit der Klimaerwärmung weitergehen? Wie mit der Armut in der Welt? Wie mit dem rechts- aber auch linksradikalen Extremismus in unserem Land? Wie mit dem drohenden islamistischem Terror? Wie mit Corona?

Diese Sorgen sind ja nicht an und für sich schlecht. Sorge kann zur Vorsorge führen und zum aktiven Handeln, das Probleme angeht. Wenn Jesus hier sagt: „Macht euch keine Sorgen!“, dann meint er nicht: Lebt sorg- und planlos in den Tag hinein.“ Die Vögel können ihr Fressen suchen. Und wir können arbeiten und entsprechende Handlungen unternehmen, um unsere Sorgen anzugehen und zu bewältigen.

Wenn Jesus hier in unserem Predigtabschnitt vor dem sich Sorgen warnt, dann meint er die grüblerischen Gedanken, die uns nur den Schlaf rauben und uns nicht weiterhelfen. Solche Sorgen machen mich nicht gesund, sondern eher krank. Sie verlängern nicht mein Leben, sondern verkürzen es eher. Sie helfen nicht, Probleme zu lösen, sondern vernebeln eher meine Sinne und machen mich vor Angst unfähig zum Handeln.

Solches sich Sorgen ist also nicht hilfreich. Und, so sagt Jesus hier, sind heidnisch, also gottlos. Ein scharfes aber richtiges Urteil. Man geht dann völlig im Irdischen auf und vergisst, dass es doch einen Vater im Himmel gibt, von dem ich total abhängig bin, der alles in seiner Hand hat und der doch längst auch schon weiß, was mir fehlt und was ich brauche.

Wir sollen und dürfen den alles entscheidenden Faktor mit einbeziehen: den lebendigen Gott. Es ist die Hand Gottes. Die trägt alles. Die kann alles ändern. Die kann eingreifen, wo wir mit unserer Vernunft keine Mittel und Möglichkeiten mehr sehen. Die will uns aber vielleicht ganz andere Wege führen, als wir selber es möchten.

Zwei Bekannte sprechen miteinander über religiöse Fragen. Schließlich nimmt der eine einen Bleistift und legt ihn auf den ausgestreckten Zeige- und Mittelfinger seiner linken Hand. „Ich kann machen, dass dieser Bleistift nicht zu Boden fällt, wenn ich die beiden Finger zurückziehe.“ „Ausgeschlossen!“ „Doch!“ Der erste zieht die Finger zurück und als der Bleistift fallen will, fängt er ihn schnell mit der anderen Hand wieder auf. „Ja, so ist`s freilich kein Wunder! Das hätte ich auch gekonnt.“, sagt der andere. „Das kann ja jeder, mit der anderen Hand...“ „Ja, die andere Hand!“ sagt der erste. „Die ist das Geheimnis der ganzen Geschichte. Ich habe von vornherein mit ihr gerechnet, du aber nicht!“

Kennen wir auch das Geheimnis der anderen Hand, der Hand Gottes?

Unser Leben ist darum so voll Hetze und Sorge, weil wir sie immer wieder vergessen und nicht mit ihr rechnen, sondern immer wieder versuchen, nur mit einer Hand zu arbeiten, d.h. dass wir nur mit uns rechnen, nur auf unsere eigenen Möglichkeiten fixiert sind. Anstatt mit dem zu rechnen, von dem Paul Gerhard dichtet: „Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.“

Rechne du doch auch mit dieser anderen Hand! Vertraue, dass Gott dein Leben in dieser Hand hat!

Durch dieses Vertrauen kommt in dein Leben eine andere. eine neue Perspektive. Du lernst eine andere Wirklichkeit kennen, als nur die sichtbare. Es ist eine unsichtbare Wirklichkeit, die Jesus hier Reich Gottes nennt.

Das Neue Testament hat mehrere Ausdrücke für diese tiefgreifende Veränderung unserer Wirklichkeit: Himmel, Himmelreich, Reich Gottes, Ewigkeit, Ewiges Leben. Das meint ungefähr alles dasselbe. Und dieses ewige Leben beginnt nicht erst nach dem Tod, es fängt hier und jetzt bereits an. Himmelreich – das heißt: Leben in Fülle, Überwindung von Leid und Tod, Erlösung vom Bösen, unverbrüchlicher Friede zwischen Gott und Mensch.

Überall da, wo Gott mit seinen Menschen das Fest der Versöhnung feiert, da ist Reich Gottes.

Das Reich Gottes in deinem Leben fängt damit an, wenn du anfängst an ihn zu glauben und sagst: „Herr Jesus, nimm mein Leben in deine Hand. Ich vertraue es dir an, mit allem Schönen und auch mit allem Hässlichem, mit allem Bösem. Vergib es mir doch bitte.“ Das Reich Gottes beginnt mit der wunderbaren Erfahrung: Ich bin von diesem Herrn Jesus Christus geliebt und angenommen. Er ist mein mächtiger Freund, der mich nie im Stich lässt.

Der Himmel ist also bereits angebrochen. Es gibt ewiges Leben schon hier und jetzt. Schon heute kann uns nichts mehr scheiden kann von Gottes alles verwandelnder Liebe – auch nicht Leid und Tod.

Was kann es denn Wichtigeres geben, als dass die Dimension Gottes, das Reich Gottes, der Himmel, das ewige Leben hereinbricht in mein Leben? Wenn das geschieht, wird dein Leben anders.

Sicher, Vieles in deinem Leben ändert sich nicht. Aber was sich ändert, ist deine Sichtweise. Ohne die Perspektive des Reiches Gottes läufst du gewissermaßen mit Scheuklappen durchs Leben. Du hast eine eingeschränkte Sichtweise der Dinge, so wie ein Pferd, dem man Scheuklappen aufgesetzt hat. So siehst du oft nur das Negative, das, was in deinem Leben nicht so gut läuft und sich entwickelt, machst dir Sorgen über Dinge, die gar nicht nötig sind.

Lass dir mal von einem Maikäfer zu diesem Punkt etwas erzählen: „Gestern Abend – ich knabberte gerade an einem zarten, grünen Blättchen – kam ein junges Paar durch den duftenden Park geschlendert und ließ sich auf der grünen Bank unter meiner Buche nieder. Das Fräulein ließ einen jammervollen Seufzer ertönen, wie ich ihn in meinem ganzen 48stündigen Leben noch nicht vernommen hatte. Gleich darauf knurrte der junge Mann so mürrisch, als ob bereits der Juni drohte, und dann klagten die beiden über Geld, Arbeit, Wohnung so negativ und ausdauernd, als ob ihnen der liebe Gott gar keinen lauen Maienabend geschenkt hätte. Weil sie den Duft der Bäume, den Mond und den Ruf der Drossel bei ihrem Lamentieren ganz vergaßen, pumpte ich mich flugs startfertig und flog eine fröhlich brummende Ehrenrunde vor den beiden. Die junge Frau bemerkte mich als erste; „Guck mal, ein Maikäfer!“ rief sie erfreut. „In ein paar Tagen ist er sowieso hinüber“, entgegnete ihr der junge Mann, und das fand ich sehr ungehörig und dumm. Schließlich können ein paar Tage eine lange Zeit voll ungeahnter Entdeckungen und herrlicher Augenblicke sein. Man muss sie nur in vollen Zügen Blatt für Blatt zu genießen wissen. Ja, ich möchte behaupten, dass ich aus meinen kleinen Maientagen mehr machen kann als diese Leute aus einem ganzen Jahr voll gigantischer Zukunftssorgen. Arme Zweifüßler! Ob sie überhaupt wissen, wieviel ihnen in ihrem Leben entgeht? Ich flog zu meiner Buche zurück, ergriff dankbar ein schimmerndes Blättchen und knabberte zärtlich ein anständiges Loch hinein.“

Dieser Maikäfer machte sich also keine Zukunftssorgen, sondern genoss sein Leben. Hat er nicht recht? Es ist doch ein herrliches Leben, das Gott uns geschenkt hat. Wir dürfen leben, atmen, hören, sehen. Wir haben genug zu Essen und zu Trinken, Gaben und Fähigkeiten, leben in einem Land, in dem Frieden und Freiheit herrscht. Das sind alles Geschenke eines liebenden Gottes, die wir leider nur allzu oft für selbstverständlich nehmen. Sorgen, Probleme, Ängste nehmen unseren Blick ein. Das Schöne nehmen wir oft gar nicht wahr. Sondern wir sind missmutig und klagen über die Unannehmlichkeiten unseres Lebens, so wie das Pärchen in unserer Geschichte. Wir haben Angst vor einer düsteren Zukunft und vergessen dabei das Gute, das uns dann immer noch bleibt.

Jesus sagte im letzten Vers unseres Predigtabschnittes: „Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.“

Wir brauchen deshalb nicht blauäugig in die Zukunft sehen. Wir werden bestimmt nicht von allem begeistert sein, was auf uns alles zukommt. Du wirst auch nicht alles bekommen, was du dir wünschst. Aber oftmals bekommst du etwas Besseres als das, was du gewollt hättest. Du musst manchmal nur ein wenig Geduld haben:

Vielleicht sehnst du dich nach einem Partner. Vielleicht suchst du schon lange nach einer Arbeitsstelle. Verlier nicht den Mut! Wenn du an Jesus glaubst, dann glaubst du an einen Herrn, dem nichts unmöglich ist. Er kann dir zeigen, was du tun musst, um einen Partner oder eine Arbeit zu bekommen. Er schenkt das, was du brauchst, zu seiner Zeit.

Sicher, auch ein Christ muss mit unerfüllten Wünschen leben, vielleicht lange Zeit, vielleicht sein Leben lang. Aber wenn du Jesus vertraust, wird dir in Zukunft nur das geschehen, was er zulässt. Und du darfst glauben, was in der Bibel steht: „Wer Gott liebt, dem dient alles, aber auch wirklich alles zu seinem Heil.“

Auf Gottes Versprechen kannst du dich verlassen. Das habe ich selber oft genug in meinem Leben erfahren.

Ich denke jetzt daran, wie ich als Berufsanfänger einmal in einer Woche sehr viel zu tun hatte. Die Arbeit türmte sich zu Beginn der Woche wie ein Berg vor mir. Ich wusste gar nicht, wie ich alles schaffen sollte. Da fiel mir das Wort aus der Bibel ein: „Der Herr lädt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch.“ Ohne dass ich es wusste, dachte meine Frau an das gleiche Wort. Es war mir klar: Gott selber verspricht mir für diese Woche Hilfe. Und so geschah es auch. Ich schaffte alles, was vor mir lag, manches ging sogar schneller wie erwartet und ich war schon am Freitagnachmittag mit allen Vorbereitungen fertig. Gott hat sein Versprechen gehalten.

Wer mit Jesus leben will, mit dem redet er durch Worte der Bibel. Dem verspricht er immer wieder etwas für seine Zukunft. Er verspricht ihm, dass sich scheinbar aussichtslose Lagen ändern werden, dass Gott hilft und eingreift. Seine Versprechen geben immer neue Hoffnung. Ob die Zukunft, wie Menschen sie sich vorstellen oder planen, so kommt, ist ungewiss. Aber ganz sicher ist, dass Gottes Zukunft kommt, die Zukunft, die er sich vorstellt, und die er plant.

Diese Zukunft mit Jesus geht immer weiter. Sie ist nie zu Ende. Nie. Auch dann, wenn ein Mensch keine Zukunft mehr hat, wenn er tot ist. Nach dem Tod öffnet dir Jesus die Tür zu seinem Reich, zum ewigen Leben. Auch das hat er versprochen. Und das nehme ich ihm ab.



Amen