Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen

Bayreuth, 18.11.2020 - 2. Mose 20,1-17:

Und Gott redete alle diese Worte: Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.

Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.

Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst.

6 Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am 7. Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in 6 Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am 7. Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn.

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, geben wird.

Du sollst nicht töten.

Du sollst nicht ehebrechen.

Du sollst nicht stehlen.

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.

Liebe Gemeinde!

In einer Rundfunksendung ging es einmal um die zehn Gebote. Vorsichtshalber hatte der Sender gleich einige Exemplare davon bei der Deutschen Bibelgesellschaft bestellt für den Fall, dass Hörer danach fragen würden.

Das Echo war erstaunlich. Viele kannten die 10 Gebote gar nicht mehr. Es mussten noch viele Exemplare nachbestellt werden.

Wenn es in unserem Land aber schon an der reinen Kenntnis der Gebote mangelt, ist es um ihre Befolgung sicher noch viel schlechter bestellt.

Bei einer Meinungsumfrage wurde einmal gefragt, welches denn das wichtigste Gebot sei. Aufgrund vieler Kriege und Konflikte in der Welt stand das Gebot: Du sollst nicht töten! An erster Stelle.

Erst an achter Stelle stand das Verbot des Ehebruchs. Und gerade das erste Gebot: Ich bin der Herr dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben! fand die geringste Zustimmung und stand somit an letzter Stelle.

Für Gott aber ist gerade dieses erste Gebot das Wichtigste. Am ersten Gebot hängt alles.

Luther vergleicht uns Menschen einmal mit einem Reitpferd, wenn er sagt: Einer reitet uns immer, entweder Gott oder der Teufel. Neutral, sozusagen reiterlos, können wir nie sein.

Klassisch ist auch Luthers Auslegung zum ersten Gebot im Kleinen Katechismus: Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten lieben und vertrauen.

Hand aufs Herz: Bei wem von uns steht Gott immer an erster und oberster Stelle? An welche andere Menschen oder Dinge dieser Welt haben wir denn unser Herz gehängt?

Noch einmal Luther: Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott! ---

Das erste Gebot ist also wie eine Türangel. Alle anderen Gebote hängen an ihm. Wenn es aber schon mit dem ersten Gebot bei uns hapert, dann fallen alle anderen Gebote auch.

Dabei ist gerade das erste Gebot so wichtig. Denn es beginnt mit der Selbstvorstellung Gottes:

Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägypten geführt habe. Gott fordert also nicht zuerst unseren Gehorsam. Nein, zuerst stellt er sich uns vor. Er ist kein Gott, der weit in der Ferne ist. Nein, er ist unser Gott, der uns ganz nahe ist.

Er ist der Gott, der in unser Leben eingreift, der uns führt, der uns frei machen will von all den Bindungen und Zwängen, unter denen wir oft gefangen sind.

Dieser unser Gott, der uns die Gebote gegeben hat, ist uns ganz persönlich in Jesus Christus nahegekommen. Jesus ist für uns und alle Menschen das große Angebot Gottes.

Wenn Gott uns aber seine Gebote gibt, dann will er uns durch sie nicht einengen, sondern will, dass wir in der großen Freiheit bleiben, in die er uns durch Jesus Christus geführt hat.

Unser Trieb nach Freiheit und Unabhängigkeit, unser Wille zur Selbstbestimmung, die machen uns im Tiefsten nur unfrei. Denn dann sind wir Sklaven unserer Ichsucht, unseres Eigensinns, und laufen wie ungehorsame Kinder auf gefährlichen Wegen.

Gott aber meint es gut mit uns, wenn er uns die Gebote gibt. Denn er will unser Leben und unser menschliches Miteinander schützen.

In drei Punkten möchte ich heute darüber nachdenken!

1. Die zehn Gebote sind für uns wie ein Riegel! 

Sie wollen uns den Zugang zu Gedanken, Worten und Taten verwehren, die schädlich für uns, unseren Nächsten und unser Miteinander sind.

Es ist leicht zu sehen, wie die Grundgedanken der Gebote Gottes sich bis heute in unserer Gesetzgebung finden.

So zum Beispiel das dritte Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen!

Der Art. 140 unseres Grundgesetzes sagt: Der Sonntag bleibt als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Mit Recht hat man die Sonntagsruhe, die Befreiung von der Erwerbsarbeit und die Garantie der freien Religionsausübung, als die klassische Institution unserer christlichen Kultur bezeichnet. ---

Wer nun aber den Sonntag für seine Alltagsarbeit nutzt oder gar, um noch mehr Geld zu verdienen, bringt sich selber um den Segen Gottes, um einen Tag der Ruhe und der körperlichen und seelischen Entspannung.

Sicher, manche Arbeiten müssen sein: Leben und Gesundheit stehen höher als ein freier Tag. Ein jeder prüfe aber, welche Arbeit am Sonntag sein muss. --

Vielleicht tun wir uns aber hart, Gottes Gebote als Riegel so einfach anzunehmen. Lassen wir uns helfen mit folgendem Beispiel:

Ein Religionslehrer hatte einmal mit Schülern zu tun, die eine starke Abneigung gegen die Gebote Gottes hatten. Da bot er ihnen an: Denk doch einfach mal in Ruhe darüber nach, was wohl wäre, wenn es die Gebote nicht gäbe!

Die Schüler durften sich eines der zehn Gebote auswählen. Sie nahmen das siebte: Du sollst nicht stehlen!

Wir brauchen uns nicht groß auszumalen, was wohl geschähe, wenn niemand mehr gehindert würde, einfach das mitzunehmen, was ihm beliebt: in der Wohnung des anderen, in Kaufhäusern, aus Kassen oder Konten der Banken.

Es bedarf nur geringer Fantasie, um sich das Chaos auszumalen, das sich da einstellen würde.

Gottes Gebote erhalten uns also gute Lebensmöglichkeiten. Sie sind für uns keine Fesseln, sondern eine Hilfe. Gottes Gebote als Riegel helfen uns also, das Gröbste zu verhindern. Wir werden dadurch vom Schlimmsten bewahrt.

2. Die zehn Gebote sind für uns wie ein Spiegel

Luther hat einmal einen sogenannten Beichtspiegel geschrieben und dazu gesagt: Um zur Erkenntnis unserer Sünden zu gelangen, sollten wir uns an den zehn Geboten prüfen.

Dazu hat Luther einen Fragekatalog erarbeitet. Er geht dabei an den zehn Geboten entlang und versucht, sie durch gezielte Fragen für uns zum Leuchten zu bringen.

Im Lichte dieses Spiegels erkennen wir uns vor Gott und wie wir es mit den Geboten halten.

Die Gebote Gottes dienen uns also als Spiegel zur Selbsterkenntnis.

Ich kann nur jedem von uns immer wieder neu empfehlen, diesen Spiegel einmal in einer ruhigen Stunde in die Hand zu nehmen und sich und sein Leben anhand dieser Fragen zu prüfen.

Ein Beichtspiegel findet sich übrigens auch in unserem Gesangbuch. Aber leider ist er nur noch eine Kurzfassung der Gedanken Luthers.

Wem das aber zu altmodisch erscheinen mag, der kann gerne von mir eine moderne Fassung bekommen. Ich habe am Ausgang einige Exemplare zum Mitnehmen hingelegt. ---

Nun beobachte ich aber immer wieder, dass Menschen unserer Zeit die Gebote viel zu oberflächlich verstehen. Wenn die Ehe noch besteht, man ab und zu in die Kirche geht, niemandem ein Messer zwischen die Rippen gejagt hat, einigermaßen ehrlich gewesen ist und keinen groben Diebstahl begangen hat, glaubt man schon, die zehn Gebote gehalten zu haben.

Auch die Juden zurzeit Jesu hielten die Gebote für haltbar. Aber vielleicht kennen Sie die Geschichte von jenem reichen jungen Mann, der zu Jesus kam und fragte: Was muss ich denn tun, um selig zu werden?

Jesus nannte ihm die Gebote, worauf der sagte, dass er die Gebote alle von Kind an gehalten hätte.

Jesus zeigte ihm aber, woran es bei ihm fehlte: Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und dann komm und folge mir nach! Der junge Mann hatte aber viele Güter. So ging er traurig weg.

Jesus stieß diesen Mann auf das erste Gebot. Nun wird deutlich, dass sein Herz nicht an Gott hing, sondern an seinem Besitz, den er nicht hätte loslassen können.

So leicht sind die Gebote also offenbar nicht zu halten. Hören wir z.B., wie Jesus einmal in der Bergpredigt das fünfte Gebot auslegt, dann werden wir hellhörig. Denn schon der Zorn über die Geschwister, oder kränkende, beschimpfende oder verwünschende Rede fällt bereits unter das fünfte Gebot.

Genauso wie schon der begehrliche Blick nach einer anderen Frau oder einem anderen Mann für ihn Übertretung des sechsten Gebotes ist.

Oder jeder veruntreute Cent schon Diebstahl ist.

Der Apostel Paulus ist einer Meinung mit Jesus, wenn er sagt: Es ist kein Mensch ohne Sünde!

So weiß ich auch, dass jeder von uns hier immer wieder gewollt oder ungewollt Sünde begeht.

Aber gerade wo wir an diesem Punkt über uns erschrecken und vor dem heiligen Gott stehen, da erreicht uns die befreiende Botschaft Gottes: Glaube du an Jesus Christus, der am Kreuz für deine Sünde gestorben ist und alle Strafe für deine Schuld schon längst getragen hat, dann wird die Schuld deines Lebens durchgestrichen. Im Glauben an Jesus Christus stehst du dann ohne Sünde vor Gott. Nichts kann dich dann von deinem Gott trennen, wenn du Jesus zum Bruder hast.

Christen, die so ihre Schuld vor Gott täglich neu erkennen, bekennen und die Vergebung dafür glauben, denen ist dann aber auch noch ein dritter Aspekt der zehn Gebote wichtig.

Denn sie fragen dann ja: Wie soll ich leben, um meinen Gott nicht länger zu betrüben. Denn es heißt ja: Wer Gott liebt, der hält seine Gebote.

3. So sind die Gebote Gottes für Christen nicht nur Riegel und Spiegel, sondern auch noch Regel für das neue Leben.

Sicher wurden da keine genauen Handlungsanweisungen gegeben. Nur das Grobe wird genannt. Aber als Regel geben die zehn Gebote doch die Richtung an, in die das neue Leben vor Gott gehen kann.

Ansonsten führen sie uns in den freien Raum der Entscheidung vor Gott. Das Gewissen, dass sich an Gottes Wort orientiert, das fragt dann immer: Herr, was ist dein Wille? - So ein Gewissen wird den rechten Weg geführt werden.

Aber Vorsicht! Selbst dadurch, dass wir nun die zehn Gebote zu halten versuchen, werden wir nicht in den Himmel kommen! Vor Gott besteht nur der Mensch, der sich im Glauben immer wieder fest an Jesus Christus hält, aber dann aus Dankbarkeit für diese geschenkte Gnade freiwillig und gern danach trachtet, nach Gottes Geboten zu leben.

Aber auch auf diesem Weg werden wir immer wieder neu Fehler machen. Werden die Gebote Gottes immer wieder übertreten.

Sicher meist unbeabsichtigt und manchmal unbewusst. Aber so bleiben wir ein Leben lang Bettler um die Gnade Gottes. Denn allein seine Gnade ist es, die uns selig macht.

Amen

Und der Friede Gottes, welche höher ist, als unsere menschliche Vernunft, bewahre Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen