Bayreuth, den 28.3.21 Hebräer 12,1-3

Liebe Gemeinde! 

Manchmal kann einem das Leben als Christ und der Glaube schwerfallen. In so einer Situation waren die Christen, an die der Verfasser des Hebräerbriefes schrieb. Sie wurden von ihren Mitmenschen ausgegrenzt, gemobbt, ins Gefängnis gesteckt. Muss man es mit dem Christsein wirklich so genau nehmen? So fragten sie sich. Lohnt sich das Glauben?

Ja, lohnt sich das Glauben? So können sich auch heute junge Christen fragen. Sie haben das Glauben angefangen. Waren begeistert von Jesus. Haben Gebetserhörungen erfahren, Vergebung und den damit verbundenen inneren Frieden und Freude. Aber nun sind sie müde geworden. Sie entdecken, dass nicht alle Menschen davon begeistert sind, wenn sie sich als Christen outen. Und sie merken, dass doch nicht alles glatt im Leben geht, - auch wenn man an Jesus glaubt.

Lohnt sich das Glauben? So können sich auch Christen in der Lebensmitte fragen. Sie sind zugeschüttet mit ihren vielen Aufgaben im Beruf, in der Ehe, in der Erziehung der Kinder und Versorgung der Eltern. Dazu kommen vielleicht auch noch ehrenamtliche Aufgaben in der Gemeinde. Sie können nicht mehr und wollen nur noch ihre Ruhe haben.

Und schließlich die altgewordenen Christen. Ihre körperlichen und geistigen Kräfte lassen nach. Dazu kommen noch verschiedene Gebrechen und Krankheiten als Vorboten des Todes. Und sie fragen sich ängstlich: Wie wird es einmal mit dem Sterben sein? Und komme ich wirklich einmal in den Himmel?

So gibt es ganz verschiedene Situationen und Gedanken, die einen niederdrücken und den lebendigen Glauben an Jesus ersticken wollen. Was tun? Der Verfasser des Hebräerbriefes rät: Legt eure Last ab und werft auch die Fesseln der Sünde ab. Er vergleicht das Leben eines Christen mit einem Wettlauf. Das Ziel dieses Laufes ist die Ewigkeit Gottes. Und wer dort ankommen will, dem bleibt nichts Anderes übrig, als die nötigen Schritte zu diesem Ziel hin zu tun.

Wichtig für einen Läufer ist die richtige Ausrüstung. Er schleppt keinen unnötigen Ballast mit sich herum. Das weiß auch ich als Hobbyläufer. Mein Laufschuh wiegt etwa 300 Gramm. Ich starte nicht mit Mantel und Rucksack, sondern mit leichter Kleidung. Ein Profi-Marathonläufer hat kein Gramm Fett auf den Rippen.

Keine Frage: Ein Läufer nimmt keinen Ballast mit. Auch für den Glaubenslauf eines Christen gilt: keine unnötigen Lasten. Was das sein kann? Ein paar Beispiele:

Eine junge Frau erzählt: "Seit ich mit meinem Freund in einem eheähnlichen Verhältnis lebe, bin ich bedrückt. Und ich weiß eigentlich auch warum: weil ich nicht in Gottes guter Ordnung lebe..." Jemand anderes ist unversöhnlich gegen seinen Vater. Ein dritter geht leichtfertig mit der Wahrheit um. Ein vierter nutzt den Sonntagmorgen nur zum Ausschlafen. Es ist ihm egal, dass er dadurch Gottes Wort verachtet, das er hätte hören können.

Das sind alles Lasten, die auch ein Christ mit sich herumschleppen kann, Lasten der Sünde, die einen müde im Glauben machen und das Verhältnis zu Gott belasten. Die Sünde macht unser Christsein abgeschlagen, matt und träge.

Diese Lasten der Sünde dürfen wir bei Jesus abladen. Alles, was in unserem Leben nicht in Ordnung ist, wo wir schuldig geworden sind an Gott und den Mitmenschen. Wo wir uns um unser eigenes Ich gedreht haben anstatt offen zu sein für Gott, der in unser Leben hineinkommen wollte. Und wo wir Mitmenschen enttäuscht haben, die in der Gemeinschaft mit uns eine Bereicherung ihres eigenen Lebens erwartet haben.

Wir dürfen abladen und uns im Gebet vor Jesus aussprechen. Er hat am Kreuz unsere Schuld gesühnt, und wir dürfen Vergebung und Befreiung erfahren, nicht nur einmal, sondern immer wieder neu. Wir können uns bei einem Seelsorger aussprechen. Bei der Beichte im Gottesdienst und beim Abendmahl wird uns die Vergebung angeboten, in den nächsten Tagen wieder am Karfreitag und an Ostern. Wir sind dazu eingeladen, dieses Angebot anzunehmen. Dann dürfen wir erfahren, dass uns die Last unserer Schuld wirklich abgenommen wird.

Wichtig ist für einen Läufer, vor allen Dingen für einen Anfänger, die Geduld. Der Körper, die Muskeln und Sehnen müssen sich erst an die ungewohnte Belastung gewöhnen. Kondition muss langsam aufgebaut werden. Er kann nicht erwarten, dass er zu schnell eine gute Leistung bringt. Wer dies tut, wird schnell mit dem Laufen wieder aufhören. Der Verfasser des Hebräerbriefes schreibt hier: „Lasst uns laufen mit Geduld in den Kampf, der uns bestimmt ist.“ Gemeint ist: Lass dich nicht entmutigen, wenn im Glauben mal schwere Zeiten kommen. Halte durch. Gib nicht auf. Und wenn du mal versagt hast, wenn du in deinem Glaubenslauf gestürzt bist, bleib nicht liegen, sondern stehe wieder auf und laufe weiter. Klar, gönne dir mal Pausen zum Kräfteschöpfen. Aber dann geht es wieder weiter.

Auch wenn das Leben mit Jesus herausfordernd ist und ganzen Einsatz erfordert, soll es doch keine Quälerei sein. Vielmehr heißt es hier in unserem Predigttext aufmunternd: „Lasst uns aufsehen zu Jesus dem Anfänger und Vollender des Glaubens.“ Oder anders ausgedrückt: Bring in allen Dingen deines Lebens Jesus ins Spiel. Lass ihn ran. Er lässt dich in den Schwierigkeiten und Nöten deines Lebens nicht alleine. Er will dir helfen und dir die Kraft geben, die du als Christ brauchst.

Aufsehen zu Jesus, zu ihm allein. Ein Christ erzählt einmal ein für ihn eindrückliches Kindheitserlebnis: Er war gerade 10 Jahre alt, als eine Artistengruppe auf dem Schulhof eine aufregende Vorstellung gab. Ein Artist stieg auf einer Leiter zu einer Plattform. Von dort war ein Seil zu einem 20 oder 30 Meter entfernten Gestell gespannt. Mit einer Balancierstange bestieg er das Seil. Dem Jungen stockte der Atem. Mühelos, fast federleicht lief der Artist über das Seil. Dabei fiel dem Jungen auf, dass er nicht auf das Seil blickte. Er blickte ganz woanders hin. Nicht rechts oder links, nicht zurück und auch nicht nach unten. Er blickte weit nach vorne in das Gestell, auf das er zuging. „Heute“, so schreibt dieser Christ, „weiß ich, dass das ein ganz großes Geheimnis der Artisten ist. Sie suchen sich einen ‚Fixpunkt‘, etwas Feststehendes, Unbewegliches.“

Auch wenn wir keine Seiltänzer sind, so können wir als Christen von ihnen etwas lernen. Unser Weg als Christ ist oft schmal, manchmal erscheint er uns so schmal wie das Seil eines Seiltänzers. Dann ist es wichtig, nicht nach rechts oder links zu schauen, nicht nach den Dingen, die uns ablenken wollen. Sicher, da gibt es viel Schönes und Interessantes am Weg, was wir auch mitnehmen wollen, was aber Zeit und Kraft verbraucht. Wir dürfen uns an vielen schönen Dingen des Lebens erfreuen. Aber wenn wir merken, dass sie uns von Jesus wegbringen, sollen wir sie lassen. Ein alter Christ sagte einmal: „Wenn früher ein Mensch zum Glauben kam, dann hat er gefragt: Was muss ich ablegen? Wenn heute einer zum Glauben kommt, dann fragt er zuerst: Was darf ich mitnehmen?“

Schau auch nicht nach unten. Das wäre wohl der Tod eines Seiltänzers, wenn er in die Tiefe schauen würde. Das heißt für einen Christen: Beschäftige dich nicht mit dem, was dir alles an Schlimmen passieren könnte: Verlust von Geld, von Gesundheit, dass du versagst und immer wieder die gleichen Fehler machst. Die Beschäftigung mit dem Negativen macht deinen Glauben kaputt. Dann stürzt du ab und erreichst nie das Ziel. Nebenbei bemerkt: Auch, wenn du abgestürzt bist, so fängt er, Jesus, dich auf. Du darfst wieder neu anfangen.

Und schließlich: Schau auch nicht zurück. Beschäftige dich nicht mit deinen Fehlern und deinem Versagen in der Vergangenheit. Auf diese Art und Weise kommt man auch nicht ans Ziel.

Nicht aufgeben, auch wenn man denkt: Bei mir wird das nie was. Ich habe schon so viele Fehler gemacht und so oft versagt. Ich werde nicht an das Ziel kommen. Jeder Christ kennt solche Zeiten und Gedanken, auch Vorbilder für unseren Glauben.

Ich denke da an den Propheten Elia. Er hat auf dem Berg Karmel geglaubt, dass Gott sein Opfer durch ein Wunder in Brand setzen kann. Und so geschah es auch. Aber hinterher bedrohte ihn die gottlose Königin Isebel mit dem Tod. Da war er am Ende, er wollte und konnte nicht mehr, war total erschöpft. Es war ihm alles zu viel. Wollte sogar nicht mehr leben. Es kann also auch solchen Menschen des Glaubens so ergehen, dass sie total am Ende sind. Die Bibel berichtet ganz offen von solchen Glaubenskrisen. Tröstlich für uns. Die Menschen der Bibel waren auch keine Supermänner und -frauen, sie machten Fehler, erlebten Niederlagen und wollten den Glauben hinwerfen, genauso wie wir. Aber eines erlebten sie auch: Wenn sie am Ende waren, dann war ihr Gott ist noch lange nicht am Ende! Und das dürfen wir auch ganz neu begreifen: Wenn alle meine menschlichen Möglichkeiten erschöpft sind, dann fangen Gottes Möglichkeiten doch erst an!

In unserer Diele hängt eine Spruchtafel. Dort steht drauf: "Nicht jammern, sondern danken, nicht sorgen, sondern vertrauen!" Dieses Motto gilt auch für Euch- jeden Tag!

Ich sage nicht, dass so ein Glaube einfach ist. Ich sage nicht, dass man sich nur einmal vornehmen muss: "So, jetzt glaube ich einfach jeden Tag, dass ich von Gott geliebt bin, dass er mir hilft und beisteht. auch wenn es im Leben schwierig wird." und dann tue ich das auch immer. Nein, dieser Glaube ist etwas sehr Schwankendes. In einem Moment meine ich, dieser Glaube hält mich für alle Zeiten, aber im nächsten Moment ist von ihm nichts mehr da. Dieser Glaube muss eingeübt, trainiert werden, gerade dann wenn, es uns schwerfällt.

Wenn wir denken: Jetzt geht es nicht mehr weiter. Glauben hat doch keinen Sinn mehr, die Situation, in der ich drinstecke, ist so aussichtslos, mein Versagen so groß, gerade dann darf ich auf Jesus sehen, und seinen Worten Glauben schenken, die für alle Zeiten gelten, auch für uns, gerade für uns.

Seine Versprechen gelten auch heute wieder, wie das großartigste, das in der Offenbarung steht: „Siehe, ich mache alles neu!“ Er macht auch dich neu! Er ist Sieger über alte, schlechte Gewohnheiten, dumme Gedanken, Nöte und Anfechtungen aller Art. Er ruft dir jetzt mit den Worten aus dem Prophetenbuch Jesaja zu: „Denk nicht an das, was früher war, sinne ihm nicht länger nach. Ich schaffe Neues, jetzt wächst es auf, erkennst du es denn nicht?“ Es wächst auch bei dir etwas auf und ist längst aufgewachsen. Und es wird noch viel mehr geschehen, Er macht noch alles neu, auch bei dir. Er, Jesus, gibt nicht auf, bis alles neu geworden ist.

Wir brauchen nicht auf uns schauen, sondern wir dürfen auf Jesus blicken. Auf Ihn, der der Anfänger des Glaubens ist. Besser übersetzt müsste es heißen: Den Anführer des Glaubens, der also auf dem Glaubensweg vorneweg geht und dem wir nachgehen dürfen. Und auf den Vollender des Glaubens. Er ist ja schon längst am Ziel angelangt. Er weiß, wie es dorthin geht und lässt nichts unversucht, dass wir auch dorthin kommen, in die Ewigkeit. Das glaube, auch wenn du meinst, ganz weit weg vom Ziel zu sein.

Aus allem, auch dem Schlimmsten, kann die Gnade Gottes noch Gutes machen. „Seine Gnad‘ und Christi Blut machen allen Schaden gut“, heißt es in einem Abendgebet für Kinder.

Wenn sich am Abend eine Stimme meldet: „Jetzt hast du wieder so viel falsch gemacht, nachgegeben, dumm dahergeredet, anderen Menschen weh getan, dir Sorgen gemacht, statt zu vertrauen“ – was nun? Dann darfst du auf Jesus sehen, auf seine Liebe, die trotzdem gilt, auf sein Vergeben, auf seine verändernden Kräfte. Und dann danke! Für alles Versagen, alle Fehler ist doch Jesus am Kreuz gestorben – das glaube! Glaube: Nicht nur für die Sünde der ganzen Welt, sondern ganz konkret für meine Sünde ist Jesus gestorben. Und dann darf alles von dir abfallen, was dich belastet, denn die Last liegt jetzt auf Jesus, auf dem Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt.

In der Passionszeit werden wir wieder hingewiesen auf Jesus: „Siehe, das ist das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt!“ Dieses Wort gilt doch, gilt jetzt, heute auch für uns. Jesus hat meine Sünde getragen, weggetragen, sie ist beseitigt, erledigt und geht mich nichts mehr an! Da können wirklich Lasten von mir abfallen, wenn ich das von Herzen glaube: mir sind meine Sünden vergeben! Und ich bekomme eine Liebe und Dankbarkeit ins Herz und kann von Herzen loben und danken diesem Heiland, der so unendlich gnädig ist.

Auf diesem Weg des Glaubens bist du übrigens nicht alleine. Diesen Weg sind schon viele gegangen und ans Ziel angekommen. Der Hebräerbrief zählt im Kapitel 11 einige solcher Männer und Frauen des Alten Testaments auf und spricht von ihnen in unserem Predigttext von „der Wolke der Zeugen“. Die stehen gewissermaßen neben unserem Glaubensweg und feuern uns an: „Nur Mut! Wenn ich das geschafft habe, schaffst du es auch!“ So oder ähnlich rufen sie uns zu, wenn wir uns mit ihrem Leben beschäftigen, ihre Geschichten lesen und von ihnen lernen. Das sind die vielen Menschen des Glaubens nicht nur des Alten, sondern auch des Neuen Testaments, der Kirchengeschichte, auch der letzten Jahre.

Bei einem Wettkampf stehen oft Zuschauer am Rande der Strecke und feuern die Athleten an. Für die Sportler oft eine große Motivation. Ein Teilnehmer berichtete von dem Triathlon von Roth bei Nürnberg. Es war beim Fahrradfahren. 180 Kilometer. Der anstrengendste Anstieg stand ihm bevor. Neben und auch auf der Straße alles voller Zuschauer. Immer kurz vor den Athleten öffnete sich die Menge, um sich dicht hinter ihnen wieder zu schließen. Er meinte, er wurde fast „hoch getragen“, so dass er den langen Anstieg, die Anstrengung kaum spürte, so schnell war er oben. Wie viel leichter lässt sich so ein steiler Berg mit solch einer Wolke von Fans bezwingen!

Bei der „Wolke der Zeugen“ ist es noch mehr. Diese Zeugen sind nicht nur Zuschauer. Sondern sie haben den Weg ja schon hinter sich und sind ans Ziel gekommen. Ich habe solche Menschen kennenlernen dürfen und beschäftige mich gern mit ihrem Leben und dem, was sie gesagt haben. Das macht mir Mut. Denn ich weiß: Diese Menschen sind ans Ziel gekommen. So wie sie darf ich es auch machen. Ihren Tipps darf ich folgen. Ich darf wie sie glauben. Und darf dann auch wie sie erfahren: Auch ich werde einmal das Ziel der Ewigkeit Gottes erreichen.

Amen