Bayreuth, 28.11.2021 - Offenbarung 3, 14-21

Liebe Gemeinde! 

Es war der ganze Stolz des Museumsdirektors. Das Bild „Katze in Berglandschaft“ eines bekannten Malers. Es war eingehend geprüft. Kein Zweifel: Das Bild war echt. Dann kam die Polizei einer Fälscherbande auf die Spur. Die Ermittler empfahlen eine erneute Prüfung. Nun stellte sich heraus: Das Bild musste gefälscht sein. Es sollte im Jahr 1914 gemalt worden sein. Eine verwendete Farbe gab es damals noch nicht.

Echt oder falsch? Oftmals bekommt man es nur durch intensive Prüfung heraus, ob Bilder oder andere Wertgegenstände nicht echt sind.

Heute in der Predigt soll es nun um die Frage gehen: Ist es echt? Oder ist es mehr Schein als Sein? Unser Predigttext steht ja in der Offenbarung Johannis. Johannes soll im Auftrag des auferstandenen Christus Sendschreiben an sieben christliche Gemeinden in der heutigen Türkei schicken. Diese Schreiben waren nichts anders als Prüfberichte. Gutes und Schlechtes wird da bei jeder Gemeinde aufgezählt. Bei einer Gemeinde war das anders. Sie hieß Laodicea. Ich lese euch mal den Prüfbericht vor:

(Offenbarung 3,14-21)

Ist euch etwas aufgefallen? Da kam gar nichts Positives vor, nur Negatives. Nichts Echtes dabei. Alles nur Schein statt Sein.

Und doch war dieses katastrophale Ergebnis für Laodicea eine Chance, sich zu ändern. Nehmen auch wir diesen Gottesdienst als eine Chance, uns testen zu lassen, noch dazu kostenlos, um zu sehen, wo wir stehen.

Und der hier Laodicea getestet hat, prüft auch uns. Ihm, Jesus, sind alle Rechenschaft schuldig, alle christlichen Gemeinden, aber auch alle, die mit ihm nicht viel anfangen können, die vielleicht nur ein Achselzucken für ihn übrighaben oder gar Hohn und Spott. Als "Gottes treuer und wahrhaftiger Zeuge" wird er hier bezeichnet. Er ist die Wahrheit selbst, dem man nichts vormachen kann. Er weiß alles und sieht alles - auch über uns. Seine Testergebnisse sind unbestechlich.

Es ist normal, wenn einem bei der Vorstellung, total durchschaut zu werden, mulmig zumute wird, ja, erschrickt. Wer einen Funken von Ehrlichkeit besitzt, der ahnt, dass das Ergebnis eines solchen Persönlichkeitstests sehr unangenehm sein kann.

Aber es wäre nun falsch, so zu reagieren: Ich möchte von den Testergebnissen gar nichts wissen. Ich möchte nichts davon hören, wenn Jesus mir unangenehme Wahrheiten mitteilt. Das wäre höchst dumm. Genau so dumm wie ein Patient, der den Befund seines Arztes nicht wissen will. Genau so dumm wie jener Rheumakranke, dem sein Arzt schmerzhafte Massagen für sein Bein verschrieben hatte. Aber er hielt dem Masseur sein gesundes Bein hin. Das tat nicht so weh. Aber es konnte ihm natürlich auch nicht geholfen werden.

Wer die Wahrheit, die Jesus ihm zu sagen hat, nicht hören will, betrügt sich selber. Er betrügt sich um die Hilfe. Jesus stellt wie ein guter Arzt die richtige Diagnose. Aber er tut es ja nicht, um uns fertigzumachen, sondern um uns zu helfen. Er will ja die geeigneten Maßnahmen ergreifen, die für uns gut sind.

Heute haben wir Gelegenheit, uns der Wahrheit zu stellen. Wir sollten diese Gelegenheit nutzen. Gute Ratschläge von Experten müssen wir meist mit teurem Geld bezahlen. Was Jesus uns zu sagen hat, kostet nichts, nur ein offenes Ohr. Er will, dass wir vorurteilsfrei und unvoreingenommen zuhören.

Was hat nun Jesus hier der Gemeinde in Laodicea und auch uns zu sagen? Jesus sagt ihr die ungeschminkte Wahrheit. Und das Ergebnis seines Testes lautet: Du bist lau! Dein Christsein ist so lau wie das Wasser, das in der Nähe von Laodicea vorbeifloss. Es kam von einer heißen Heilquelle. Die entsprang oberhalb des Ortes. Bei Laodicea war das Wasser aber längst nicht mehr heiß, sondern nur noch eine lauwarme Brühe. Wozu war es gut? Zu nichts. Wer davon trank, der spuckte es angewidert wieder aus.

Das ist ja heute genauso. Wer mag schon gerne ein lauwarmes Getränk? Eine Tasse Kaffee muss heiß sein. Lauwarm schmeckt sie nicht. Eine Cola schmeckt am besten eiskalt. Lauwarm ist sie eine Brühe, die nicht schmeckt.

Es gibt auch ein lauwarmes Christentum. Wie sieht das aus? Es ist auch irgendwie mittelmäßig. Nicht Fisch, nicht Fleisch, nicht heiß, nicht kalt. Eben lau. Es ist von der Quelle des Christseins weit entfernt. Das ist Jesus. Man will schon mit ihm leben. Aber nicht so ganz. Man will schon mit ihm zu tun haben, aber ihm nicht zu nahekommen.

Bis auf den heutigen Tag hat Christus seine Anziehungskraft nicht verloren. Als Vorbild für junge Menschen taucht er immer noch auf den vordersten Plätzen auf.

Allerdings fallen viele auf die Lüge herein: Ein bisschen fromm sein schadet ja nicht, aber gar so übertreiben darf man es auch nicht. Man möchte schon irgendwie ein Christ sein, aber nur soweit, wie es einem selber gefällt. Wenn der Glaube Gehorsam oder gar Opfer verlangt, dann schreckt man zurück.

Es hat einmal jemand gesagt: „Ein halbes Christentum ist ein ganzer Unsinn.“ Jesus drückte es so aus: „Du kannst nicht zwei Herren dienen.“ Du wirst und bleibst dann ein unglücklicher, zerrissener Mensch. Und hier in unserem Predigttext sagt er: Ein laues Christsein ist zum Kotzen.

Eine Fabel erzählt, wie sich die Fledermaus zu den Mäusen gesellen wollte. Diese lehnten sie ab, sie sei ja ein halber Vogel. Nun machte sie sich an die Vögel heran. Doch diese bemerkten, sie habe ja keine Federn, dagegen aber Ohren, und stießen sie von sich. Seitdem flattere sie im Halbdunkel ruhelos umher.

Ein halber Christ gehört zu niemandem recht dazu, weder zu Gott noch zur Welt. Er wird zum Schluss gar nichts haben, weder den vollen Genuss der Freuden dieser Welt noch die Freude, einmal bei Gott zu sein.

Halbe Sachen taugen nichts, auch und erst recht nicht auf dem Gebiet des Glaubens. Man tut schon das, was Jesus will, aber nur dann, wenn es einem passt. Da betet man schon, aber nur, wenn man gerade in Not ist und was von Gott will. Man geht schon in den Gottesdienst, aber nur, wenn es gerade passt und nichts Besseres vorhat. Man sagt schon, dass man ein Christ ist, aber nur in der Gesellschaft derer, die auch Christen sind. Aber dort, wo man mit Menschen zu tun hat, die mit dem christlichen Glauben nichts anfangen können, hält man schön den Mund. Man will ja nicht anecken. Man will sich schon nach den Geboten Gottes richten, aber gar so genau will man es auch nicht nehmen. Ein bisschen lügen, ein bisschen ablästern, ein paar schmutzige Witze oder mal ein Porno, was ist schon dabei? So denkt man und macht sich etwas vor.

Ein lauer Christ zu werden, kann eine schleichende Entwicklung sein. Man merkt es gar nicht. Und denkt: Es ist bei mir doch alles in Ordnung. Dabei ist es eine Täuschung.

Jesus sagt der Gemeinde von Laodicea: Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts! und weißt nicht, dass du elend und bedürftig bist, arm, blind und nackt." Die Christen in Laodiea lügen sich in die eigene Tasche. Laues Christsein hält sich für vorzeigbar, in Ordnung und denkt: Ich bin schon so recht, wie ich bin. Dabei hat man nur den falschen Maßstab: Man will selber entscheiden, wie weit man sich auf Gott einlässt. Jesus sagt aber klar und deutlich: Ihr irrt euch. Bei euch stimmt es hinten und vorn nicht.

Dieser schonungslosen Diagnose folgt die Empfehlung zur Therapie: "Ich rate dir…" So unaufdringlich, behutsam, bittend und werbend spricht er uns an. Er meint es ganz ernst mit uns und will nicht, dass wir so bleiben wie wir sind. Wer seine Ratschläge befolgt, dessen Christsein wird sich ändern, von einem lauen zu einem heißen.

Jesus will uns etwas verkaufen, sagt Jesus hier in unserem Predigttext. Er bietet es uns sogar kostenlos an. Das ist zum einen eine Augensalbe. Ohne Bild gesprochen: Lass dich auf mein Wort ein, in der Bibel oder heute in dieser Predigt. Dann siehst du dich, wie wirklich bist und machst dir nichts mehr vor. Zweitens ist es echtes Gold, das heißt, die Gemeinschaft mit ihm im Gebet, und kostbare Erlebnisse mit ihm, wunderbares Eingreifen Gottes in unser Leben. Und schließlich weiße Kleider durch die Vergebung.

Gottes Liebe ist wie ein glühender Backofen, so hat es einmal Martin Luther ausgedrückt. Sie ist wie ein Flammenmeer, das Schuld verbrennt.

Auf unseren Jungscharfreizeiten da schreiben ja die Kinder ihre persönliche Schuld auf. Dann werden sie angezündet und die Zettel voller Schuld verbrannt.

Ein Bild für die vergebende Liebe Gottes. Sie verzehrt Schuld wie Feuer das Papier – wenn wir uns nur der Liebe Gottes anvertrauen.

Das Feuer der Liebe Gottes ist stärker als unsere Schuld, wie sie auch heißen mag. Gott erwartet nur von uns, dass wir den Mut haben, ihm unsere Schuld zu bekennen. Dann vergibt er sie auch. Dann schenkt er uns auch einen Neuanfang.

Schuld bekennen, bei einem Seelsorger, das ist ein wunderbares Geschenk, das Gott seiner Christenheit gemacht hat, eine Gabe, die weithin in unserer Kirche in Vergessenheit geraten ist. Dabei ist sie so wichtig!

Seelsorge kann wie eine rettende Medizin sein. Gläubige Menschen sterben innerlich vor sich hin, weil sich nicht daran denken oder es nicht wagen, mit ihrer Not zu einem Seelsorger zu gehen. Sicher sind auch Psychologen und Ärzte wichtig, bei denen man sich aussprechen kann. Aber manchmal braucht es einfach einen seelsorgerlichen Christen, zu dem wir gehen können. So ein seelsorgerliches Gespräch geschieht ja nicht unter vier Augen. Sondern es ist noch ein dritter beteiligt, Jesus Christus. Er hört auch mit zu. Ein seelsorgerliches Gespräch ist keine Beratung mit rein menschlichen Mitteln. Sondern Jesus gibt seine Kräfte, seinen Segen, seine Vergebung auch mit dazu. Und wenn dann im Gebet alle Not vor Gott gebracht ist und der Zuspruch der Liebe und der Vergebung Gottes erfolgt ist, dann geschieht oft das, was ich auch schon – immer wieder staunend – erleben durfte: Auf einmal werden vorher geängstete und niedergeschlagene Gesichter ganz hell. Es brennt in ihnen das Feuer der Liebe Gottes.

Dieser Gottesdienst kann für dein Christsein ein Neuanfang sein. Ein Drücken auf die Resettaste. Dass du wieder ganz und gar mit Jesus leben willst, nicht nur ein bisschen. Weg von einem falschen Scheinchristentum zu einem echten. Dann wirst du die Erfahrung machen: Dann entdeckst du wieder neu staunend die Liebe Jesu, die dir bedingungslos gilt. Dann freust du dich wieder, wenn du sein Wort hörst oder liest und nimmst es nicht gähnend zur Kenntnis. Dann freust du dich darauf, dass du mit ihm im Gebet reden kannst. Dann willst du wieder gerne das tun, was er von dir will.

Die harten Worte, die von unserer Lauheit redeten, wollen uns also gar nicht fertigmachen. Sie wollen uns helfen. Hinter diesen harten Worten steht Jesus, der uns liebt. Er will nicht unseren Untergang, sondern dass wir zu ihm, der Quelle des Lebens, umkehren.

Er steht draußen vor der Tür unseres Herzens und wartet. Zwar könnte er sich gewaltsam Zugang verschaffen, doch Jesus macht es anders. Er klopft an und bittet, dass wir ihn einlassen und seinem Urteil recht geben.

Er fällt nicht mit der Tür ins Haus. Er kommt ganz anders zu uns. Er dringt nicht taktlos in den Lebensraum eines Menschen ein - er bittet, er klopft an - einmal und viele Male. Bereits "vor der Tür" gibt er sich als Freund, als Helfer zu erkennen.

Eigentlich ist das überwältigend: Da klopft endlich einer bei uns an, nicht um uns irgendetwas anzudrehen, sondern um uns etwas zu schenken, was wir nie bezahlen könnten: seine Vergebung, seine Liebe, seine Kraft zu einem Neuanfang mit ihm.

Er hat vielleicht schon oft bei uns angeklopft. Auch heute tut er es wieder neu. Er lässt uns nicht in Ruhe, weil er weiß, dass wir ohne ihn nicht zur Ruhe kommen, keinen Frieden haben.

Die Bedingung für sein Kommen zu uns ist nur eine einzige: Wir brauchen uns ihm nur zu öffnen. Wir brauchen nur "Herein!" rufen, ihn haben wollen. Wir brauchen nur zu sagen: "Komm du jetzt zu mir und beschenke mich." Und dann kommt er auch, ganz bestimmt.

Zweifle nicht daran, sondern glaube doch, dass du heute mit Jesus ganz neu anfangen kannst, das erste Mal oder zum hundertsten Mal. Er gibt neues Feuer für deine Beziehung zu ihm, echten, tiefen Glauben, wahre Liebe. Dann findest du auch Befriedigung in deinem Glaubensleben. Ein lauer Glaube ist öde und langweilig, stößt Gott und auch andere ab. Und er macht dich selbst nicht glücklich. Aber wenn du ganz und gar, radikal auf seiner Seite stehen willst, dann merkst du auf einmal, wie du dich wieder über Jesus freuen kannst, wie du das gerne tust, was er von dir haben will.

Bitte Jesus jetzt doch darum, dass er es dir schenkt. Du bekommst es ganz gewiss!

Über Nacht kann dein billiges Christentum wieder ganz wertvoll werden. So wie es einer Frau im englischen Bristol mit ihrem Haus erging. Als sie sich am 19. Dezember 2020 schlafen legte, war ihr Haus 350.000 Euro wert. Als sie aufwachte, war der Wert auf fast 6 Millionen Euro gestiegen. Über Nacht hatte ein berühmter Straßenkünstler ein Bild auf die Wand ihres Hauses gesprüht. Das war so viel wert, dass eine Plexiglasscheibe über dem Kunstwerk befestigt werden musste, um es zu schützen.

So will Jesus dein Leben gewissermaßen mit seiner Liebe besprühen. Und macht es dadurch wertvoll. Lass es nur zu!

Du brauchst nur wie in dem Adventslied sprechen: "Komm o mein Heiland Jesus Christ, mein's Herzens Tür dir offen ist." Dann kommt er und schenkt dir neue Liebe zu ihm, neuen Glauben, neue Einsatzbereitschaft für seine Sache, neue Freude. Er nimmt dafür das Alte und Verbrauchte deines Christseins und du darfst neu anfangen.

Amen