Bayreuth, den 22.01.2023 Psalm 23

Liebe Gemeinde!

"Der Herr ist mein Hirte, mir wird nicht mangeln."

Passt so ein Wort noch in unsere Zeit? Passt es zu unserem vorherrschenden Lebensgefühl? Passt es in unser Leben, - in Ihr Leben, in dein Leben?

„Der HERR ist mein Hirte“, das hieße ja, wir wären seine Schafe. Finden wir uns wirklich in diesem Bild wieder? Wir sind wie Schafe, das klingt nicht sehr schmeichelhaft. Wie sind denn Schafe? Man sagt ihnen nach, dass sie sehr dumm sind. Wer will das sein? Da wäre ich lieber ein Delphin. Der soll das intelligentes Tier der Welt sein. Und kann so schöne Kunststücke machen.

Schafe sind wehrlos. Raubtiere haben ein leichtes Spiel mit ihnen. Da wäre ich lieber ein Tier, dem man nicht so leicht etwas anhaben kann, wie ein Löwe, der König der Tiere, oder ein Elefant. Dem tut keiner was.

Schafe sind orientierungslos. Zugvögel fliegen über tausende von Kilometern sicher ihr Ziel an. Ein Schaf wäre dazu nicht in der Lage. Sie sind, so viel ich weiß, so kurzsichtig wie ich ohne meine Brille. Wahrscheinlich würden sie sich schon hundert Meter von ihrer Stalltür entfernt rettungslos verirren.

Mit einem dummen, wehrlosen und orientierungslosen Tier verglichen zu werden, ist sicher nicht sehr erhebend.

Nochmals: Finden wir uns wirklich in diesem Bild wieder? Oder gehören wir zu den Menschen, die Frank Sinatras Schlager „I did it my way“ zum Lebensmotto erhoben haben? Auf Deutsch: „Ich mache es so, wie es mir passt.“? Irgendwie gefällt uns das schon besser. Selber sein Leben meistern, weil ich klug bin, weil ich mich durchsetzen kann, weil ich den Durchblick habe. Und natürlich ist es auch gut, wenn ich meinen Verstand einsetze, wenn ich selbstbewusst meine Interessen vertreten kann, ohne andere niederbügeln zu müssen und wenn ich in Krisensituationen einen kühlen Kopf behalten kann.

Aber das ist eben nicht immer der Fall. Auch intelligente Menschen können oft sehr dumme Entscheidungen treffen, oftmals aus Arroganz und Überheblichkeit heraus. Selbstbewusste Menschen können dazu neigen, ihre Ellbogen einzusetzen, um ihre Interessen durchzusetzen und dadurch andere zu verletzen. Schließlich treffen wir nicht immer die besten Entscheidungen, weil wir von ungünstigen Gefühlen geleitet worden sind, von Angst, Sorge oder Wut.

Wir alle gehören wie ich zu den Menschen, die ihre Gefühle nicht immer beherrschen, die sich auch immer wieder Sorgen machen, oftmals zuerst an sich und dann andere denken. Sind wir alle nicht doch wie Schafe, die einen Hirten gebrauchen können, der für uns sorgt? Brauchen wir nicht jemand, der unser Leben im Griff hat – immer? Vielleicht hast Du Dein Leben nicht oder nicht immer im Griff. Aber glaube mir: Gott bekommt Dein Leben in den Griff, wenn Du es ihm überlässt.

Du gehst deinen Lebensweg nicht alleine. „You will never walk alone“

(abends: Wir sehen und hören ein Gedicht, in dem Stil, wie sie bei Poetry Slams vorgetragen werden. Verfasst hat es Annamaria Urban)

Es gibt ja diesen Song „You will never walk alone“. Ursprünglich handelt es sich um ein Musikstück in einem Musical. Der Liedtext handelt davon, vertrauensvoll in die Zukunft zu blicken. Auch in schwierigen Zeiten, so das Lied, gehst du deinen Lebensweg niemals alleine. Bei jedem Heimspiel der Fußballmannschaft des FC Liverpool singen es die Fans. In einem Video haben ich gesehen, mit welcher Hingabe gestandene Männer teils mit Tränen in den Augen dieses Lied singen. Warum nur bewegt so ein Lied viele Menschen? Ich meine, es spricht ihre Sehnsucht nach Halt und Geborgenheit an. Eine Sehnsucht, die jeder Mensch hat.

Wir sehnen uns nach jemanden, auf den wir uns unbedingt verlassen können. Wir sehnen uns nach Geborgenheit, nach jemandem, an den wir uns anlehnen können, und zwar immer. Wir brauchen diese Gewissheit, dass wir unseren Lebensweg nicht alleine gehen müssen. Nie.

Diese Sehnsucht kann kein Mensch erfüllen. Wir selber übrigens auch nicht. Auf uns selber können wir uns auch nicht verlassen. Aber Gott ist der Hirte, auf den wir uns verlassen können. Genauer gesagt, der Gott der Bibel. Und warum ist das so? Ich möchte als Antwort auf diese Frage eine Geschichte erzählen:

Ein Jugendreferent hat einmal unter Studenten ein eindrucksvolles Experiment gemacht. Einem Studenten wurden die Augen verbunden. Die anderen sollten ihm irgendeine einfache Aufgabe zurufen. Einer hatte eine besondere Nachricht weiterzugeben, eine, wie man ihm sagte, „lebenswichtige Nachricht“. Er solle den Studenten mit den verbundenen Augen zum Professor aufs Podium bringen und ihn veranlassen ihn zu umarmen.

Wie nicht anders zu erwarten, erhob sich nun ein ohrenbetäubender Lärm. Der Student mit den verbundenen Augen stand ratlos in der Mitte und wusste nicht, was er machen sollte. Dann wurde dem einen Studenten mit der „lebenswichtigen Nachricht“ erlaubt, zu dem anderen zu gehen, ihn leicht zu berühren. Zerren und Schieben war verboten. Ohne zu Zögern folgte der Student nun dessen Anweisungen. Einem anderen Studenten war auch erlaubt, sich ihm zu nähern, allerdings ohne ihn zu berühren. Wie ein Verrückter schrie er auf ihn ein. Aber er folgte nur dem, der nun sanft den Arm um ihn gelegt hatte. Kurz vor dem Ziel geschah etwas Unvorhergesehenes. Alle Studenten im Raum riefen nun gemeinsam: „Geh nicht! Geh nicht!“ Immer lauter. Doch der Arm des Boten ließ die Schulter des Freiwilligen nicht mehr los und flüsterte ihm die letzte Anweisung ins Ohr. Der Freiwillige zögerte etwas, doch dann schlang er seine Arme um den Hals des Professors.

Der Freiwillige wurde später gefragt, warum er dem einen mit der „lebenswichtigen Nachricht“ gehorcht hatte. Er antwortete: „Weil ich das Gefühl hatte, dass ich ihm wirklich wichtig war.“

Sind wir nicht alle in der gleichen Lage wie der Student mit den verbundenen Augen? Da prasseln die verschiedensten Meinungen auf uns ein, von Ideologien, Weltanschauungen, Religionen. Sie rufen uns zu: „Tu dies, lass jenes, glaub das und das nicht.“ Wem können wir Glauben schenken? Ich persönlich habe dem geglaubt, der gewissermaßen unendlich sanft seinen Arm um mich gelegt hat und dem ich abgespürt habe, dass er es gut mit mir meint. Er ist der Gott, der nicht aus der Distanz mir Anweisungen für mein Leben gibt, sondern der Gott, der in Jesus Mensch geworden ist, der sich nicht gescheut hat, durch sein Leben, sein Handeln, sein Reden und vor allen Dingen durch sein Sterben uns zu zeigen, wie wichtig wir ihm sind. Dieser Gott kam den Menschen unendlich nahe, weil wir ihm wichtig sind, und er kommt uns auch heute noch unendlich nahe, weil er uns liebt, dich und mich liebt.

Dieser Gott ist auch an deinem persönlichen Leben interessiert. Es ist ihm nicht egal, wie es verläuft und welche Entscheidungen du triffst.

Gott kann dir helfen, bei wichtigen Weichenstellungen in deinem Leben die richtigen Entscheidungen zu treffen. Er kann dir unter vielen Möglichkeiten die richtige zeigen. Wenn du ihm vertraust, kann er dir einen guten Weg weisen. „Er führet dich auf rechter Straße um seines Namens willen“, heißt es im Psalm 23.

Die Lebenswege mit Gott gehen, sich von ihm führen zu lassen, wie geht das eigentlich? Gott kann dir tatsächlich Klarheit in Entscheidungen geben. Daran gibt es für mich keinen Zweifel. Ich habe oft genug in meinem Leben erfahren, das Gott mich in bestimmten Entscheidungen geleitet hat. Gott führt dich durchs Leben, aber nur, wenn du geführt werden willst, also, wenn du grundsätzlich bereit bist, dass dein Leben Gott bestimmt.

Willst du das? Hast du dein Leben bei Jesus festgemacht? Hast du ihn um die Vergebung deiner Sünden gebeten? Hast du es im Gebet mit ihm ausgemacht: „Bring du mich an das Ziel der Ewigkeit? Und lass mich die Entscheidungen treffen, die mich diesem Ziel näherbringen?“ Wenn das passiert ist, kann ich mir bei jeder wichtigen Entscheidung in meinem Leben die Frage stellen: Verhilft mein Handeln dazu, dass ich dieses Ziel erreiche oder führt es mich weiter weg?

Eine wichtige Orientierungshilfe für solche Entscheidungen sind die 10 Gebote. Wenn ich meinen Lebensweg mit einer Autobahn vergleiche, dann sind die 10 Gebote wie Leitplanken. Sie wollen mich davor bewahren, von dem rechten Weg abzukommen.

Wer sein Leben mit Gott führen will, der kann auch Gott fragen, wie er denn nun in bestimmten Entscheidungen handeln soll. Das heißt er kann beten. Er kann sich an den wenden, der durch die grundsätzliche Lebenswende, die die Bibel Wiedergeburt nennt, sein Begleiter geworden ist.

Wir müssen nur auf seine Antworten hören. Achthaben auf Jesus, auf seine Winke und Wegweisungen achten, das geht nur im persönlichen Gespräch mit ihm, im Gebet. Wenn wir uns immer wieder mit ihm in Verbindung setzen, ihn bitten uns seine Wege zu weisen, nur dann kommen wir Richtung Ziel vorwärts. Nur dann kann er uns führen.

Abends: Es gibt viele Christen, die das so erlebt haben. Einen haben wir gebeten, zu erzählen, wie er in seinem Leben von Gott geführt wurde. (Erzählung Bernd-Martin).

Gott kann einen führen, auf verschiedene Art und Weise, wie etwa durch einen Menschen, den er uns in den Weg stellt und der uns weiterhilft. Durch einen Seelsorger, der uns als erfahrener Christ gute Ratschläge geben kann und mit uns betet. Oder durch bestimmte Fügungen, also bestimmte Situationen, die Gott eintreten lässt, so, dass wir wissen, wie unser Lebensweg weitergeht. Oder durch ein bestimmtes Bibelwort, das uns einfällt oder das uns während einer Predigt, bei der Bibellese oder bei einer Abendmahlsfeier wichtig wird. Sicher müssen wir darauf achten, ein Bibelwort nicht wie ein Orakel zu benutzen. Aber es ist Erfahrung von vielen Christen, dass das Wort Gottes einen oft klar führt.

Gott führt oft wunderbar. Das hat auch David so erlebt. Allerdings spricht er auch ehrlich von den „dunklen Tälern“. Die bleiben einem Christen nicht erspart. Das können Krankheitszeiten sein, Prüfungen, die ich nicht bestanden habe, Zeiten der Arbeitslosigkeit, das Zerbrechen von Beziehungen oder der plötzliche Tod von Angehörigen. Aber auch in solchen Zeiten dürfen sie wie David erleben: „Du bist bei mir!“

Wenn wir unser Leben mit Jesus mit einer Autofahrt vergleichen, dann gibt es Streckenabschnitte, wo wir eben nicht immer gut vorankommen. Manchmal macht auf der Fahrt unseres Lebens unser Auto schlapp. Wir haben eine Panne oder werden gar in einen Unfall verwickelt. Für Autofahrer ist es gut zu wissen, dass es einen Abschleppdienst oder jenen Verein für Autofahrer mit den vier gelben Buchstaben gibt. Für Christen ist es gut zu wissen, dass auch in unverständlichen und schweren Situationen unseres Lebens Jesus bei uns ist. Er ist nicht nur der, der Bestimmtes zugelassen hat, sondern auch der, der unser „Lebensauto“ wieder flottmacht oder nötigenfalls abschleppt, damit wir in eine Reparaturwerkstätte kommen. Wir dürfen vertrauen: Das Kaputte unseres Lebens repariert er wieder, das Durcheinander kann er wieder in Ordnung bringen, die seelischen Verwundungen wieder heilen. Trost und Hilfe stehen für uns bereit.

Und dann kommt bei unserer Fahrt des Lebens wie bei einer Autofahrt irgendwann einmal das Ziel, die Ewigkeit. Wir sind zu Hause angekommen. Dann wird es sein, wie nach jeder langen nicht immer einfachen Autofahrt: Wir werden uns freuen, wenn wir die Wohnungstür aufsperren und uns ein lieber Mensch entgegenkommt oder wir uns endlich ausruhen und uns in irgendein Sofa oder Bett fallen lassen können. Endlich zu Hause!

In der Ewigkeit wartet auch eine Wohnung auf uns. Dort sind wir zu hause. Dort fühlen wir uns wohl und sind vor allen Bedrohungen sicher. Dort können wir uns erholen und zur Ruhe kommen. Dort wartet Jesus auf uns und sicher so manch anderer lieber Mensch, der das Ziel der Ewigkeit bereits erreicht hat.

Diese Wohnung ist für uns. An der Wohnungstür steht unser Name. Ist das nicht zum sich freuen? Das dürfen wir tatsächlich tun. Denken wir das Wort von Jesus: „Freuet euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ Diese Gewissheit kann uns Mut machen, auf der Fahrt des Lebens weiterzumachen. Sie kann uns trösten, wenn wir in schwierige Situationen geraten, oder wenn wir auf die weltweiten Lagen blicken. Die Kriege werden nicht weniger. Die Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt schreiten voran. Die zunehmende Gottlosigkeit und soziale Kälte in unserem Land lassen uns immer mehr wie Fremde in dieser Welt vorkommen. Da ist es tröstlich zu wissen: Es gibt ein ewiges zu Hause, für uns aber auch für die anderen um uns herum. Auch sie dürfen wir auf dieses wunderbare Ziel aufmerksam machen. Wenn wir sterben, dann geht’s weiter. Der Tod ist ein Umzug in eine andere, neue Welt.

Deshalb lasst uns dem vertrauen, der uns an dieses Ziel sicher hinbringen kann: Jesus Christus. Das hat er jedem versprochen, der sich ihm anvertraut: Niemand wird sie aus seiner Hand reißen. Auch dich und mich nicht. „Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“

 

Amen